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Das historische Gerichtsgebäude von
Downtown SimCity lag schon lange still, als der ehrenwerte Richter
Wilson noch arbeitete. Es gab noch eine Menge Polizeiprotokolle,
Arztberichte und Klageschriften durchzusehen, da unterschied sich
diese Nacht nicht von allen anderen Nächten, die der Mann sich um
die Ohren schlug.
Wilsons Arbeitsgeräte waren sein
Laptop, die Dokumente, die man ihm anvertraute, seine Erfahrung und
sein scharfer Verstand, um diesem verantwortungsvollen Beruf gerecht
zu werden. Und den Leben, über die er zu richten hatte.
Wilson war bekannt dafür das er sehr
hart arbeitete, und er war bekannt dafür, dass er ebenso hart mit
den Angeklagten ins Gericht ging. Gerechtigkeit musste man sich
verdienen, dachte er. Ebenso wie er sie sich verdient hatte und immer
noch verdiente.
Der Richter rieb sich die Augen. Es war
wieder mal ein langer Tag gewesen und dieser Fall aus Strangetown war
anstrengend. Er verachtete dieses sandige Dreckloch voller verrückter
Wissenschaftler. Er wäre sofort dafür dass das Militär endlich den
Absturzkrater der fliegenden Untertasse zuschütten, und die
Alienbrut einsperren würde, mitsamt all denen, die mit ihnen
sympathisierten, oder sich sonst wie mit ihnen einließen.
Vielleicht ließ sich der aktuelle
Fall, über den er zu richten hatte, dazu nutzen die Obrigkeit von
der Gefährlichkeit von Strangetown zu überzeugen.
Tief in Gedanken, bekam Wilson nicht
mit, was sich hinter ihm abspielte.
Lautlos tauchte wie aus dem Nichts eine
dunkle Gestalt im Büro des Richters auf. Langsam und geschmeidig wie
eine Katze kroch sie auf den Mann zu. Er merkte immer noch nichts,
das leise Klappern der Laptoptastatur würde kleine Geräusche
übertönen, wenn es sie denn gäbe.
Ein leichtes Lächeln umspielte die
Lippen des Eindringlings. Lautlosigkeit war sein zweites Ich.
Als Wilson endlich realisierte das er
nicht alleine im Zimmer war, war es bereits zu spät. Zwei schlanke
Hände pressten sich auf seinen Mund und Nase, drückten seinen
Schädel gegen den Körper des Einbrechers.
„Kein Wort“ zischte der Fremde.
„Leg die Hände auf Deine Knie, das ich sie sehe.“
Der Richter tat wie ihm geheißen. Die
Hände des Eindringlings mögen eher zart gewesen sein, doch er
konnte die immense Kraft dahinter spüren und er entschied sich
besser zu gehorchen, zumal seine besten Jahre hinter ihm lagen und er
in einem Kampf keine Chance haben würde.
„So ist's gut“ lobte die Gestalt
hinter ihm und lockerte den Griff.
„Was wollen Sie?“ wagte Wilson zu
fragen. Seine Stimme zitterte vor Angst, so sehr er sich auch bemühte
nichts davon zu zeigen.
Langsam fuhren die Hände des Fremden
über seinen Kopf. Sanft schienen sie ihn zu streicheln, glitten
Wirbel für Wirbel den Hals entlang und wäre die Situation nicht so
grotesk, würde man glauben der Fremde wolle ihm die verspannten
Muskeln nach einem langen Arbeitstag massieren. Aber Wilson wusste es
besser. Eine falsche Bewegung und man würde ihm das Genick brechen,
einfach so.
„Das ist ein interessanter Fall“
bemerkte sein ungebetener Gast. „Wirst Du den Vorsitz bei diesem
Fall führen?“
„J...a...a“ gab Wilson zurück. Er
versuchte den Kopf zu drehen, seinem Peiniger ins Gesicht zu sehen,
doch der erhöhte sofort warnend den Druck seiner Finger.
„Sieh hin“ befahl er. „Sag mir,
um was es dort geht.“
Zögernd erzählte der vor Angst
schlotternde Mann die wesentlichen Details.
„Hm“ brummte der Fremde, nachdem
der ehrenwerte Richter geendet hatte. „Du glaubst also, Terry
Kurios hat seinen Ehemann aus Habgier umgebracht?“
„Was denn sonst“ entgegnete Wilson
ungehalten, seine Angst sich allmählich in Ärger wandelnd.
„Ich glaube, Du solltest die
Unterlagen sorgfältiger lesen, Euer Ehren“ höhnte der Fremde
hinter ihm. „Was steht in dem Arztbericht?“
Wilson versuchte sich zu befreien, doch
ein Knacken an seiner Halswirbelsäule ließ ihn schnell wieder still
halten. „Das der Mann vollkommen entkräftet war.“
Der Griff um seinen Hals lockerte sich.
„Und vollkommen entkräftet und halb
verhungert hat er einen durchtrainierten Mann in einer Schlägerei
umgebracht und dann das Haus angezündet, ja? Steht das so da drin?“
Der Fremde drückte ihn ruckartig Richtung Laptop. „Steht das
dort??“
„N...nein“ gab Wilson zu und sein
Peiniger ließ ihn zurück an die Stuhllehne sinken.
„Siehst Du“ gurrte die Stimme und
die Finger strichen ihm wieder sanft über die Wirbelsäule. „Ich
wusste doch, Du bist ein kluger Junge.“
Der Mann auf dem Stuhl atmete schwer.
Wäre er doch diesen Abend nur früher nach Hause gegangen.
„Was... was wollen Sie nun von mir?“
stieß er hervor, stumm betend und hoffend das der Fremde ihn endlich
in Ruhe lassen würde.
„Ist Dir das immer noch nicht klar?“
lachte dieser. „Nun, dann lass es mir Dir verdeutlichen: sollte
Terry Kurios nicht wahre Gerechtigkeit widerfahren, werde ich dafür
sorgen, dass Du sie bekommst. Denk nicht ich weiß nicht was Du so
unter Recht und Gerechtigkeit verstehst. Du füllst Deine Taschen mit
dem Leid anderer. Wenn Du nicht erfahren willst wie dieses Leid
aussehen kann, dann überlege Dir gut, wie Du in diesem Fall hier
entscheidest.“
Der Griff um seinen Hals löste sich
und als Wilson es wagte sich herumzudrehen, war die Gestalt so
plötzlich und lautlos verschwunden, wie sie gekommen war.
Am nächsten Vormittag schlurfte der
Richter missmutig in „seinen“ Gerichtssaal. Heute waren die
Anhörungen verschiedener Fälle anberaumt und er hatte darüber zu
entscheiden, ob Anklage erhoben wurde oder nicht. Eine Stunde später
war der Fall Kurios dran.
Richter Wilson lauschte den
Ausführungen der Staatsanwaltschaft. Der junge Mann vor ihm musste
sich noch seine Sporen verdienen und war eifrig bei der Sache. Als
dieser eine Anklage beantragte schüttelte Wilson den Kopf.
„Haben Sie die Berichte sorgfältig
durchgelesen? Die Sache ist doch sonnenklar. Friedbert Kurios und
Klaus Becker haben sich gegenseitig den Hals umgedreht. Man sollte
Terry Kurios eher einen Orden verpassen, dass er sich in seinem
Zustand aus einem brennenden Haus retten und wenigstens einen der
beiden mitnehmen konnte.
„Und das Kind?“ zweifelte der
Anwalt kleinlaut.
„Weggelaufen“ brummte Wilson und
nahm den Holzhammer in die Hand. „War als schwieriges Balg
verschrieen. Die Behörden suchen nach ihm, das hat aber hiermit
nichts zu tun. Macht die Akte zu.“
Der Hammer schlug auf den Richtertisch.
„Nächster Fall.“
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„Die Untersuchungen sind endlich
abgeschlossen, Herr Kurios“ erklärte Officer Skadi mir mit einem
Lächeln. Seit sie mit Titus Schmitt ausging, schien dieses Lächeln
nicht mehr von ihrem Gesicht weichen zu wollen.
„Sie können endlich die Begräbnisse
arrangieren.“
Ein tiefer Schreck fuhr durch meine
Glieder.
„Begräbnisse? Friederike? Was ist
mit meiner Tochter?“
Officer Rivendell schüttelte den Kopf.
„Nein, nichts. Es waren keine
weiteren Leichen in der Burg und gesehen hat sie auch niemand.“ Sie
druckste herum. „Wir gehen davon aus das sie weggelaufen ist. Wir
alle wissen doch das sie kein... einfaches Kind war.“
Ich nickte nur, erleichtert das meine
Tochter noch am Leben zu sein schien.
Vielleicht war sie wirklich
weggelaufen. Friederike hasste es hier, sie hasste uns. Und auch wenn
sie und ich die letzten Wochen in der Burg einander näher kamen,
sogar so sehr das sie mir von ihrer ersten Liebe erzählte, so war
sie doch unabhängig und wahrscheinlich auf und davon um die Welt zu
entdecken.
Sofort sorgte ich mich von was sie
leben würde. Tief in Gedanken vergaß ich die Anwesenheit der
Polizistinnen, bis diese mich wieder heraus rissen.
„Würden Sie bitte auch die
Beerdigung von Herrn Becker arrangieren? Wir konnten keine Verwandten
ausfindig machen, und da er genug Geld hinterlassen hat, brauchen wir
nur jemanden der sich um ihn kümmert.“
Ich schaute von der einen Polizistin
zur anderen, dann nickte ich. Für Friederike, für ihre erste Liebe.
Und für meine Liebe zu ihr.
Es dauerte nicht lang alles in die Wege
zu leiten und nur wenige Tage später saßen wir in der kleinen
Begräbniskapelle des Friedhofs von Strangetown. Nur Friedberts
Geschwister und deren Partner nahmen teil, Lara, die mich nicht
alleine lassen wollte und Doktor Einsam, der an Friedbert viel Geld
verdient hatte
Ich war allen sehr dankbar dafür. Auch
wenn ich nicht wirklich um Friedbert trauerte, so kochten doch die
vergangenen Monate und Jahre in mir hoch während wir dort saßen und
ich brauchte den Beistand.
Friedberts Urne kam neben Lutz Grab,
das von Lara regelmäßig mit frischen Blumen versorgt wurde. Sie
verzog das Gesicht bei dem Gedanken Friedbert so dicht bei ihrem
zweiten Ehemann zu haben. Doch hier gehörte er hin, zu seiner
Familie.
Ich empfand nichts, als ich dort stand.
Zum Glück erwartete niemand von mir das ich etwas sagte. Ich wusste
nicht was ich hätte sagen sollen.
Klaus hingegen wurde nicht verbrannt.
Ich hatte das Gefühl das Friederike das nicht wollen würde, warum
sonst hatte sie ihn -tot wie er da laut den Berichten schon war- aus
den Flammen getragen? Denn es konnte nur sie gewesen sein, die mich
gerettet hatte. Ich schuldete ihr alles dafür, jede Kleinigkeit der
Welt. Also bekam Klaus alles was er noch erwarten konnte.
Und ich trauerte um ihn, für
Friederike, die nicht hier sein konnte. Wo immer sie auch war, sie
sollte sicher sein, dass man sich um ihn kümmern würde.
Eine Woche darauf, nachdem wir uns auch
von diesem Ereignis erholt hatten, gestatte uns Doktor Einsam endlich
nach Hause zu gehen.
„Es ist alles wie es sein soll. Sie
sind kräftige kleine Mädchen.“
Freudig nahm Lara Lisa entgegen. Unsere
Zwillinge hatten gerade die Abschlussuntersuchung und die nächsten
Impfungen überstanden und Doktor Einsam war mit beiden Kindern sehr
zufrieden.
Ich war froh hier raus zu kommen. So
gut man sich auch um uns alle gekümmert hatte, ich wollte einfach
nur heim, zu meinen Kindern und Enkeln, meinem Hund und meinem Leben,
wie auch immer das von nun an aussehen würde.
Lars holte uns ab. Ich konnte gar nicht
schnell genug in Laras alten Van kommen, doch einen Moment hielt ich
inne und schaute mich um. Ein merkwürdiges Gefühl beschlich mich.
Ich betrat eine Welt ohne Friedbert und es machte mich froh.
Schnell schüttelte ich das Gefühl ab
und ging zum Auto. Niemals sollte man froh über den Tod eines Sims
sein.
Auch nicht bei diesem.
Rick empfing uns freudestrahlend. Er
hatte das Haus hergerichtet und sogar Luftballons verteilt. Ich
musste grinsen. Ich wusste nicht ob das seine künstlerische Ader
war, oder sein Kindskopf. Vermutlich beides. Ich würde ihn wirklich
vermissen, wenn er wieder zurück an die Küste fuhr.
Da die Kinder von den Untersuchungen
müde waren, brachten wir sie sofort ins Bett.
Und wieder fühlte ich mich merkwürdig,
als ich Theresa in ihr Babybettchen legte. Wie lange war es her, dass
wir dieses Zimmer frisch tapezierten, blau, weil wir zwei Buben
hatten? Und nun war das Zimmer rosa und neues Leben würde hier
aufwachsen.
Ich schaute mich im Haus um und niemand
sagte ein Wort. Lara hatte einiges verändert, nur das verdammt alte
Sofa war noch da. Ich wollte es damals unbedingt haben – irgendwie
rührte es mich das Lara es behielt.
„Ich mag was Du mit dem Haus gemacht
hast“ meinte ich endlich. „Ist wirklich viel Zeit vergangen.“
Sie lächelte nur und führte mich ins
Schlafzimmer. Auch dort hatte sich viel verändert, doch die größte
Veränderung waren die vielen Bilder. Alle Familienmitglieder waren
dort zu sehen: unsere Jungs, ihre Ehepartner, unsere Enkel und
vielleicht bald auch Urenkel, wenn ich so an Sirius dachte. Sogar
Friederike.
Mir fiel auf, dass es meine Bilder
waren, die ich über all die Jahre gesammelt hatte.
„Lars hat all Deine Sachen hierher
gebracht“ unterbrach Lara leise die Stille und riss mich aus meinen
Gedanken. Sie druckste herum. „Wir dachten, Du würdest hier
bleiben wollen...“
Ob ich wollte??
Ich drehte mich zu ihr
und zog sie in meine Arme, überglücklich und unfähig etwas zu
sagen. Jegliches merkwürdige Gefühl fiel von mir ab. Es war alles
wieder wie es sein sollte. Fast jedenfalls, doch damit musste ich
leben.
Nach einer Weile löste sie sich von
mir und ergriff lächelnd meine Hand.
„Komm, Du musst hungrig sein. Mir
jedenfalls knurrt der Magen.“
Sie hatte Recht und ich folgte ihr
willig Richtung Küche. Doch sie zog mich weiter auf die Terrasse und
dort waren sie alle versammelt, meine Familie, Freunde und
Arbeitskollegen.
Ganz Strangetown war gekommen um die
Geburt der Mädchen und meine Heimkehr zu feiern. Ich freute mich
wahnsinnig sie alle zu sehen, auch wenn Friederikes Fehlen immer noch
wie ein Schatten über Allem hing.
Ich ging nach unten und fiel ihnen der
Reihe nach gerührt um den Hals. Johnny drückte mich fest und
versicherte mir das Patrick außer sich vor Sorge war. Er grinste.
„Hatte wohl Angst er muss sich einen
neuen Chefmechaniker suchen.“
Damit hatte Patrick nicht unrecht. Ich
wollte so schnell es ging in den Ruhestand, um mich um meine Töchter
kümmern zu können.
Doch das musste ich ihm nicht heute sagen.
Mein Lieblingsenkel Sirius war der
Nächste. Ich wollte ihn gar nicht mehr loslassen – wer weiß ob
ich hier stehen würde, wäre er und sein scharfer Verstand nicht
gewesen.
Und auch er klammerte sich regelrecht
an mich. Wenn ich jemals Zweifel gehabt hätte ob der Kleine mich als
seinen Großvater sehen konnte, sie wären in dem Augenblick
weggewischt gewesen.
Endlich konnte ich Lukas und Phillip
wieder sehen. Leider hatte ich ihren Geburtstag verpasst, doch sie
vergaben mir großmütig.
Meine Güte, wie ähnlich sie ihren
Vätern sahen, jeder ein Abbild des jeweiligen Elternteils. Nur die
Form der Augen war bei beiden Pascals. Ich erinnerte mich noch gut an
ihre Geburt und an die Angst die ich um meinen Sohn und die Babys
hatte und nun standen sie vor mir als Teens, nichts als Flausen im
Kopf und sich nach ihrem ersten Kuss sehnend.
Nachdem ich alle begrüßt hatte kam
Lara zu mir. Sie hatte ein verwegenes Grinsen drauf und lud mich ein
es den Jungspunden zu zeigen, wie sie es nannte. Ich musste lachen.
Jungspunde, das waren sie wahrlich, ausgenommen Jenny und Polli Tech.
Und auch wenn unsere Geburtstage unaufhaltsam näher rückten und wir
bald alt und grau waren, wir schwangen die Hüften und standen den
anderen in nichts nach.
Ich war glücklich. Umgeben von den
Sims die mich all die Jahre begleitet hatten, mir Freunde waren,
hörte ich endlich auf mit meinem Leben zu hadern.
Es hieß, es wären die schlechten
Erfahrungen, die einen zu dem machen würden, was man ist. Und das
sie keine Strafe sind, sondern eine Chance seine Fehler zu erkennen
und an ihnen zu wachsen, um es in Zukunft besser zu machen.
Und das würde ich.
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