----
Seit Stunden prasselte nun schon der
Regen auf die Downtown herunter. Die Straßen glänzten und das Licht
der Laternen spiegelte sich in den Pfützen, die sich hier und dort
gebildet hatten. Nur eine einsame Gestalt traute sich bei dem
Unwetter in diese heruntergekommene Gegend, die Jacke fest um sich
gezogen und die Schritte eilig.
Schnell strebte Detective Sirius Kurios
in die kleine Seitengasse, in der sich der Unrat sammelte, den
niemand mehr haben wollte. Sonst oft ein Unterschlupf für
zwielichtige Gestalten und Obdachlose, hatte er die Ecke heute für
sich alleine. Selbst die Ratten hatten sich ein trockenes Plätzchen
gesucht.
Der Mann mit den ungewöhnlichen Haaren
schien sich jedoch nicht für den Regen zu interessieren. Ungeachtet
der Nässe und der Kälte, die ihm in die Knochen kroch, stellte er
sich an eine Ecke und wartete. Er zitterte, doch das Zittern kam
nicht vom Wetter.
Er sollte gar nicht hier sein,
jedenfalls nicht alleine. Wüssten sein Partner und sein Vorgesetzter
das er entgegen aller Vorschriften auf eigene Faust ermittelte, würde
man ihm gehörig den Kopf waschen. Und bestimmt nicht nur das.
Doch das war ihm gleich. Die Nachricht
war eindeutig gewesen. Wollte er endlich Erfolg haben, so war es
weise alleine zu dem Treffen zu kommen, ließ ihn sein Kontakt
wissen. Auch wenn es gegen jede Vernunft war, einen Superschurken
unbewaffnet und ohne jeglichen Beistand fangen zu wollen.
Wenn Josi davon wüsste, sie würde
sich wohl endgültig von ihm scheiden lassen.
Wenn Sirius an seine Frau dachte, zog
sich ihm das Herz in der Brust zusammen. Es lief nicht gut mit ihnen,
das wusste er. Er verbrachte inzwischen mehr Zeit mit seinem Partner
und all den Schurken, die sie jagen mussten, als mit seiner Familie.
Sirius kam teilweise tagelang nicht
nach Hause, wenn ihn ein Fall in der Downtown festhielt. Seine Frau
saß dann mit den Kindern alleine in dem großen Haus auf dem
Kurioshügel, das sein Großvater Terry ihm gebaut hatte. Terry hatte
eine unglaubliche Summe Simoleons von seinem Ehemann geerbt und da
weder er, noch Lara etwas von dem Geld wollten, gab er es für die
Kinder und Enkel aus.
Sirius und Josi waren damals glücklich
darüber, sie wünschten sich eine Familie und es war schön einfach
über die Straße zu gehen um mit Vater und Stiefvater zu reden, die
Halbbrüder zu necken, spontane Grill- und Poolpartys zu feiern, oder
einfach mal die großzügigen Babysitterdienste seines Vaters
anzunehmen. Aber auch das wurde immer seltener, seit die Zwillinge
Phillip und Lukas ihr Lebensglück an der Küste gefunden hatten und
Lars und Pascal sie oft besuchen fuhren.
Josi war verzweifelt. Ihr großes Herz
ließ es nicht zu dass sie ihrem Gatten im Weg stand, doch so sehr
sie sich ihre Kinder gewünscht hatte und ihre Gesellschaft liebte,
sie war einsam. Sie hatte nicht mal eine Mutter, der sie sich
anvertrauen konnte, so großartige Eltern ihre Väter Patrick und
Johnny auch immer waren.
Und ihr Zwillingsbruder Titus war mit
seiner eigenen kleinen Familie so beschäftigt, dass sie es kaum
wagte ihn besuchen zu gehen um nicht zu stören.
Und auch ihre Freundin Stella war, wie
ihr Mann Niels, mit Leib und Seele Wissenschaftlerin und hatte mit
ihrem Beruf und ihren vier Kindern viel zu wenig Zeit. Doch selbst
wenn sie die gehabt hätte, eine Freundin kann eben den Lebenspartner
nicht ersetzen.
Ihr älterer Bruder Justin hatte gar
seine Flugangst überwunden und ist seiner großen Liebe Blue nach
Xeon gefolgt, wo er endlich seinen Sohn sehen konnte.
Er setzte sich gegen Blues Vater durch
und wurde nach langen und gefährlichen Prüfungen in die
Gemeinschaft der Xeoni aufgenommen und konnte Blue endlich heiraten.
Er würde nie mehr nach Simerde
zurückkehren.
So alleine war es kein Wunder, dass
Josi von Trennung sprach, und doch stand Sirius hier im Regen,
anstatt nach Hause zu seiner Familie zu fahren um noch zu retten, was
zu retten war. Irgendetwas trieb ihn hierher und das war nicht nur
die Nachricht seines Informanten.
Sirius glaubte schon umsonst gewartet
zu haben, als wie aus dem Nichts eine Gestalt vor ihm auftauchte und
ihn fast zu Tode erschreckte. Sie war in einen dunklen Umhang gehüllt
und die dazugehörige Kapuze machte es schwer das Gesicht zu
erkennen. Die gesamte Erscheinung war groß, aber zierlich, doch
Sirius ließ sich davon nicht ablenken. Selbst das kleinste Härchen
auf seiner Haut schien abzustehen und das Gefühl jagte ihm einen
warnenden Schauer nach dem anderen über den Rücken.
„Ich hatte Dich gar nicht so
ängstlich in Erinnerung.“
Verwirrt nahm der blauhaarige Mann
seine Hände herunter, die Angst purer Neugierde weichend.
„Verzeihung, aber kennen wir uns?“
Die Kapuzengestalt lachte.
„Seit über dreißig Jahren.“
Sirius musterte die maskierte Gestalt
und glaubte bald zu wissen wen er vor sich hatte. Er kannte
schließlich alle Berichte über den Superschurken, den er seit
Jahren jagte und was auch immer sie aussagten, die Beschreibung der
Augenzeugen war immer gleich.
„Ich hatte ja immer gehofft auf Dich
zu treffen, aber ich bin mir sicher, das ist das erste Mal das wir
uns persönlich begegnen, Kali.“
Die dunkle Gestalt lachte rau auf.
„Dein Gedächtnis hat wohl
nachgelassen. Dafür nicht Deine Phantasie“ meinte sie. Sie beugte
sich vor. „Die indische Göttin des Todes und der Zerstörung? Ich
fühle mich geschmeichelt.“
Sirius wich zurück, doch er kam nicht
weit. Kalt, nass und hart drückte sich die Backsteinmauer des alten
Lagerhauses in seinen Rücken und ließ ihm keinen Raum zur Flucht.
Verdammt, warum hatte er sich nur
darauf eingelassen alleine zu gehen. Irgendwie überkam ihm das
Gefühl er würde seine Frau nie mehr wieder sehen, ohne sich vorher
bei ihr für sein Verhalten entschuldigt zu haben.
Die maskierte Gestalt musterte ihn mit
einem spöttischen Blick, dann wendete sie sich ab.
„Du musst keine Angst vor mir haben.
Kalis Arme greifen nicht nach Unschuldigen.“
„Und die anderen, sind die etwa
schuldig? Wer hat sie schuldig gesprochen, Du? Wer gibt Dir das Recht
dazu?“ Sirius ballte die Fäuste, denn sein Gerechtigkeitssinn ging
mit ihm durch.
Blitzschnell stand der Maskierte wieder
vor ihm und ließ ihn wieder zurückweichen. Ein zarter Duft nach
einem sehr teuren Parfum wehte ihm entgegen, der sich mit dem Geruch
nach Regen und nasser Kleidung mischte und einen merkwürdigen
Kontrast bildete. Sirius fühlte wie das Regenwasser, das die Wand
hinunter lief, seine Kleider durchtränkte und kalt den Rücken
hinunter lief.
„Das gerade Du das fragst, Detective“
zischte die Gestalt. „Korrupte Beamte; Richter, die nicht Recht
sprechen; Bürgermeister, die sich die eigenen Taschen füllen;
Politiker, die Gesetze zu Ungunsten des Volkes verfassen. Et cetera,
et cetera. Die Liste ist endlos.“
„Das ist sie. Trotzdem darfst Du
keine Selbstjustiz üben“ konterte der Halbalien.
Ein Schnauben war die Antwort, dann
wandte die Gestalt sich wieder ab und er schüttelte sich um das
Wasser von seinem Rücken zu bekommen.
„Ich war selbst lange genug ein
Opfer. Ich schaue nicht mehr tatenlos zu, wie andere ebenfalls zu
Opfern wahnsinniger Sims werden.“
Langsam kam der Detective der Gestalt
nach, sie vorsichtig musternd. Sie wirkte plötzlich nicht mehr so
gefährlich, sie wirkte sogar geradezu verletzlich, trotz der
Kleidung und der Größe. Sirius registrierte wieder die schmale
Statur des Fremden und der feine Geruch des Parfums kam ihm wieder in
den Sinn. Immerhin wusste er nun, Kali war tatsächlich eine Frau.
„Hör mal“ unterbrach er das
Prasseln des Regens. „Ich weiß zwar nicht was Dich dazu gebracht
hat all diese Dinge zu tun, aber ich bin sicher ich kann Dir helfen.
Wenn Dir Unrecht widerfahren ist, dann lässt sich das klären!“
Kali lachte laut auf und schüttelte
den Kopf.
„Ich hätte Dich für klüger
gehalten, dummes Alienkind.“
Sie seufzte, dann fuhr sie leise fort.
„Mir kann niemand helfen. Auch Du nicht. Ich war lange genug eine
Gefangene, ich gehe nicht freiwillig in diesen Zustand zurück.“
Irgendetwas klingelte bei Sirius, als
er hörte wie Kali ihn nannte. Er hatte das Gefühl das es ihm etwas
sagen müsste, doch er konnte es nicht greifen, ebenso wie ihre
restlichen Worte.
„Ich habe keine Ahnung von was Du
sprichst. Warum warst Du gefangen? Und sag mir endlich wer Du
wirklich bist! Ich bin das Spiel leid!“
Sie lachte.
„Du denkst das ist ein Spiel?“
Er nickte.
„Ja, verdammt. Und ich hasse es der
Spielball zu sein.“
Einen Moment glaubte Sirius, die
Gestalt wolle nicht antworten, doch dann schlug sie die Kapuze zurück
und nahm die Maske ab. Dem blauhaarigen Mann blieb fast das Herz
stehen.
„Friederike!“
Sie nickte. „Lange nicht mehr
gesehen, Cousin.“
Sirius starrte in das verunstaltete
Gesicht. Sie war noch ein Kind gewesen, als er seine Cousine das
letzte Mal gesehen hatte. Er erinnerte sich das sie so ziemlich das
ungezogenste Gör war, das auf Simerde wandelte, aber er konnte sie
sich nicht als Superschurken vorstellen.
Oder doch? War es wirklich so
undenkbar, nach Allem, was sein Onkel mit ihr angestellt hatte?
„Das kann nicht sein“ schüttelte
er trotzdem den Kopf. „Ich kann nicht glauben, dass Du all diese
Verbrechen begangen hast.“
Friederike zuckte die Schultern.
„Dann glaub es nicht. Und nenne es
Verbrechen, wenn Du magst. Ich nenne es die Bevölkerung beschützen,
denn die Polizei kann es entweder nicht, oder darf es nicht.“
Der Fall des korrupten
Polizeipräsidenten kam Sirius ins Gedächtnis, der nur durch Zufall
aufgedeckt worden war.
Wirklich Zufall? Oder steckte doch
Kali, oder besser Friederike dahinter, wie in so manch anderen
Geschehnissen, die ihm nun in den Sinn kamen?
„Aber was ist mit den anderen Fällen?
Diebstahl, Erpressung...“
„Ich muss auch leben“ unterbrach
Friederike ihn barsch. „Und alle diese Operationen waren teuer,
damit ich überhaupt so etwas wie ein Leben führen kann.“
Wieder musterte Sirius die Narbe in
ihrem Gesicht. „Ist das... von dem Brand in der Burg?“ fragte er
leise. Er deutete auf ihre Wange, doch sie schob hastig seine Hand
weg.
Sie kauerte sich auf die alte
Laderampe, Schutz vor dem Regen suchend, frierend. Sirius setzte sich
ihr gegenüber und wartete geduldig, bis sie bereit war zu reden. So
sehr er sich immer gewünscht hatte Kali zur Strecke zu bringen und
sie auszuhorchen, so hatte er sich das Verhör doch nicht
vorgestellt.
„Ja“ antwortete sie endlich. „Ich
hatte das Feuer unterschätzt. Aber ich konnte nicht anders.“
„Das tun die meisten, wenn sie Feuer
legen.“
Friederike funkelte ihn an und es war
Sirius einen Augenblick, als wolle sie ihn mit ihren Augen
durchbohren, doch dann senkte sie den Blick in Resignation.
„Ich habe das Feuer nicht gelegt.“
antwortete sie schließlich. „Als ich wieder... bei Sinnen war,
brannte schon alles lichterloh.“
„Was ist dort passiert?“ fragte
Sirius leise, hoffend sie würde ihm mehr erzählen.
Friederike presste ihre Lippen
aufeinander, so lange zögernd, dass er schon dachte das er umsonst
hoffen würde. Doch sie sprach weiter, kaum hörbar gegen das Klopfen
des Regens.
Sie erzählte von der Zeit in der Burg,
von ihrer Einsamkeit, ihrer Wut, ihrer Angst. Sie erzählte von ihren
Gesprächen mit Terry und von den einsamen Nächten auf dem Dach. Und
als sie von Klaus Becker erzählte, sah Sirius sie zum ersten Mal
wirklich lächeln, auch wenn es ein trauriges Lächeln war.
Und dann sprach sie von dem abrupten
Ende ihres Glücks, obwohl es gerade erst begonnen hatte.
Sirius war entsetzt. „Er hat ihn
getötet, einfach so? Warum?“
„Nicht einfach so“ korrigierte
Friederike kopfschüttelnd. „Weil er es konnte. Und weil er Angst
hatte Klaus könnte ihm etwas wegnehmen.“
„Friedbert hat Dich eben geliebt“
meinte Sirius leise, selbst nicht davon überzeugt.
„Geliebt“ schnaubte Friederike,
ihre Arme noch fester um ihren Körper schlingend. „Er wollte mich
besitzen. Wie ein Schmuckstück. Etwas das man ansieht und damit
prahlt. Nichts dem man... Wärme gibt.“
Mitleid regte sich in ihm. „Und dann
hast Du Friedbert umgebracht, aus Rache?“ fragte er leise.
Friederike seufzte.
„Er rief nach mir. Ich spürte wieder
diese Wut in mir hochsteigen, doch diesmal war es anders.“
Sie suchte nach Worten um das Gefühl
zu beschreiben, aber fand keine.
„Es war ganz leicht“ meinte sie
schließlich. „Er wehrte sich, entkam mir sogar einmal. Ich jagte
ihn durchs Haus, wie ein Raubtier seine Beute. Und irgendwann
beendete ich es.“
Momente der Erinnerung vergingen, in
denen sie noch einmal durchlebte, was damals geschehen war. Der Kampf
mit ihrem Vater. Das sich rasch ausbreitende Feuer, nachdem Friedbert
eine Flasche Alkohol nach ihr warf und die brennenden Scheite im
Kamin traf.
Der kalte Hass, den sie spürte und das
unkontrollierbare Verlangen nach Rache.
Wie endlich die Verriegelung der Türen
aufsprang, als die Notschaltung des Schließsystems auf das Feuer
reagierte. Und wie sie sich verletzte, als sie Klaus und Terry nach
draußen trug.
Sirius lauschte geduldig ihren
Erzählungen und schwankte zwischen Entsetzen und Mitleid für das
Häufchen Elend, das nun einer der gefährlichsten und mächtigsten
Schurken der Gegenwart war.
Er wusste, er müsste sie mitnehmen,
sie verhaften. Doch selbst wenn er die Tatsache ignorierte, dass er
gar keine Chance gegen sie hatte, er konnte es nicht. Er wollte sie
nicht einsperren, nach all dem. Er wollte ihr nicht das Einzige
nehmen, das ihr noch blieb: ihre Freiheit.
Aber vielleicht konnte er ihr sogar
noch etwas dazu geben, durchfuhr es ihn.
„Friederike“ begann er vorsichtig,
„Du musst nicht dieses Leben führen. Du hast eine Familie. Terry
vermisst Dich, er würde...“
„Nein!“
Erschrocken beobachtete Sirius wie
seine Cousine aufsprang.
„Warum denn nicht! Verdammt noch mal,
weißt Du eigentlich dass er um Dich trauert? Jedes Wochenende legt
er Blumen auf Klaus Grab, doch sie sind für Dich bestimmt! Geh zu
ihm und beende seine Qual!“
Kaum hatte er geendet, wirbelte
Friederike blitzschnell herum und packte ihn an der Kehle, ihre
Finger wie ein Schraubstock um seinen Hals gelegt. Mühelos hob sie
ihn hoch und je mehr er sich wehrte und zappelte, umso mehr drückte
sie zu.
Kalte Wut loderte in ihren Augen. Wenn
Sirius je zweifelte das Friederike tatsächlich ihren Vater
umgebracht hatte, jetzt bekam er den Beweis.
Seine Sinne schwanden bereits, als sie
ihn wieder fallen ließ, wie eine heiße Kartoffel.
„Auf diese Art beenden, meinst Du
das?“
Sirius rang um Atem. Er versuchte auf
die Beine zu kommen, doch es war als hätte sie ihm jegliche Kraft
aus dem Körper gepresst.
„Warum hast Du das getan!“ krächzte
er.
„Damit Du verstehst. Ich kann nicht
zu ihm gehen. Ich... ich will ihn nicht eines Tages tot vor mir auf
dem Boden liegen sehen, so wie... wie meinen Vater.“
Endlich fing sich der Mann zu ihren
Füßen wieder und musterte sie. Er hatte diese blinde Wut in ihr am
eigenen Leib erfahren. Bei ihrer kleinen Demonstration hatte sie sich
unter Kontrolle, doch wehe ihm, wehe seiner Familie, wenn sie sich
nicht unter Kontrolle hatte.
Und doch gehörte sie zu dieser
Familie.
„Ich weiß nun was Du meinst“
antwortete er ihr leise und kam zurück auf die Füße.
„Doch ich bin sicher, wir finden eine
Lösung. Lass uns Dir helfen. Es gibt Sims die Dich lieben. Bitte,
komm mit mir zurück nach Strangetown.“
Etwas rührte sich tief in Friederikes
Brust, etwas das sie vor dem Feuer verloren glaubte. Doch sie konnte
nicht noch diesen kleinen Rest verlieren, indem sie es selbst
zerstörte.
Sie hob die Hand und strich ihm
vorsichtig über die Wange.
„Dummes, dummes Alienkind“
flüsterte Friederike sanft, fast zärtlich. „So unschuldig, so
naiv.“
Sie musterte ihn einen Moment, dann
schüttelte sie entschlossen den Kopf.
„Du warst schon immer zu gut für
diese Welt, Sirius. Lass nicht zu dass sie Dich auffrisst. Geh und
kümmere Dich um Dein Leben, ich habe meines.“
Sie schlug ihre Kapuze hoch und
schenkte ihm ein letztes Lächeln, dann verschwand sie.
Wie betäubt starrte Sirius auf die
Stelle, an der nur Sekunden zuvor seine Cousine gestanden hatte. Er
ahnte was sie gemeint hatte, doch woher wusste sie davon?
Mechanisch ging er Richtung Straße. Er
wusste nicht wohin ihn seine Schritte lenken würden, er hatte
einfach nur das Bedürfnis zu gehen.
Als er, geblendet von einer
Leuchtreklame, aufsah, stand er vor einem kleinen Laden. Er kaufte
sich ein paar Flaschen Bier und ging damit in den Stadtpark. Niemand
war um diese Zeit dort und auch die Obdachlosen wurden durch den
Regen vertrieben. Der ideale Platz um nachzudenken und zu trinken.
Grübelnd starrte er vor sich hin. Der
Regen hatte endlich nachgelassen und die kleinen Geräusche der Nacht
erfüllten wieder die Luft, doch Sirius hörte sie nicht. Friederikes
Geschichte ging ihm einfach nicht aus dem Kopf.
Wie würde Terry reagieren, wenn er
erfuhr dass seine Tochter noch am Leben war und was für ein Leben
sie führte? Würde es dem alten Mann nicht das Herz brechen?
Es dämmerte bereits als Sirius das
letzte Bier geleert hatte. Das Parkcafé öffnete seine Pforten um
den ersten Gästen das Frühstück, oder den Coffee-to-Go zu
servieren. Und plötzlich, mit den ersten Sonnenstrahlen, wusste er
was er zu tun hatte.
Er konnte Friederike nicht retten. Aber
er konnte sich selbst und sein eigenes Glück retten.
Er warf die leeren Flaschen in den
nächsten Mülleimer und hastete durch die Stadt. Das Bier und die
durchwachte Nacht forderten bald ihren Tribut, doch das hielt ihn
nicht davon ab ins Polizeipräsidium zu stürmen, seinen Spind zu
leeren und seinem Chef die Dienstwaffe und seine Marke auf den Tisch
zu knallen.
Der Mann fragte nicht weiter. Sirius
Kurios war nicht der erste gute Polizist, der den Job hin warf. Er
selbst hatte seine Familie wegen des Jobs verloren, er würde nicht
dasselbe von anderen Sims verlangen. Also ließ er den Halbalien ohne
Schwierigkeiten gehen.
Ohne ein weiteres Wort eilte Sirius aus
dem Gebäude, zurück in die kleine Wüstenstadt. Er nahm ein
Geheimnis mit sich, dass er mit niemandem teilen würde. Er wusste,
er schuldete Terry und auch Friederike ihren kleinen Frieden.
Und er schuldete ihn sich selbst.
****
Es war bereits früher Nachmittag, als
Josephine Kurios an der Haustür ihrer Schwiegerväter klingelte. Nur
wenig später öffnete Pascal und nahm sie in die Arme. Die Ringe
unter den Augen der jungen Frau sprachen Bände und brauchten keine
Worte, nur das Gefühl dass sie nicht alleine war.
Er zog sie ins Wohnzimmer, wo der Rest
der Familie versammelt war. Alle Kinder, Larsons, wie Kurioses,
tobten munter umher und zauberten ein Lächeln auf die Gesichter
ihrer Eltern und Großeltern.
„Gib mir den Kuchen, ich stelle ihn
kühl“ bot Pascal an. „Setz Dich zu den anderen.“
Josi nickte dankbar und nahm die
Gelegenheit sich abzulenken, nur zu gerne wahr. Doch schnell glitten
ihre Gedanken wieder zu ihrem Mann, der irgendwo versuchte für Recht
und Ordnung zu sorgen. Lars erkundigte sich ob Sirius auch zum
Geburtstag seines jüngsten Kindes kommen würde, doch sie wusste es
nicht. Sie hatte sich damit abgefunden, dass er daran vergaß.
Sie wollten gerade die Kerzen anzünden,
als es an der Tür klingelte. Josi traute ihren Augen nicht, als sie
ihren Mann sah: schmutzig, nass, übermüdet und mit einem Strauß
Rosen in der Hand. Ehe sie sichs versah, wirbelte er sie herum.
Es brauchte nicht viele Worte um ihr zu
erklären, was er getan hatte. Und sie verzieh ihm, denn Fehler
passierten. Doch wenn man aus ihnen lernte, dann konnten sie auch
überwunden werden.
Gemeinsam.
Gemeinsam.
ENDE
Irgendwie hasse ich es Geschichten zu beenden. Es hat etwas von Abschied.
AntwortenLöschenTrotzdem bin ich froh das ich die Story nach all der Zeit fertig gebracht habe und ich hoffe der eine oder andere hatte Freude daran.