Vorher: Teil 22 - Brüder
----
Ich wachte am nächsten Morgen mit dem
dicksten Brummschädel auf, den man sich denken konnte. Mühsam
krabbelte ich aus dem Bett und als ich auf meinen Füssen stand,
drehte sich erst mal alles um mich herum. Meine Güte, was ging es
mir dreckig! Nie mehr würde ich soviel trinken und nie mehr
durcheinander!
Aber das schwor man sich hinterher ja
immer, wenn man zu tief ins Glas geschaut hatte.
Ich wankte
ins Bad und duschte mich so kalt wie möglich, das half meinem
angeschlagenen Kreislauf erst mal auf die Sprünge. Kaum das ich
fertig war klopfte auch schon Rick an die Tür, der sich fast in die
Hose machte und ich ließ ihn schnell ein. Anziehen konnte ich mich
auch woanders. Nachdem ich in meine Klamotten geschlüpft war, stand
ich wieder vor dem Fläschchenbehälter und grübelte.
Rick kam dazu und schüttelte den Kopf.
„Du willst ihr doch nicht schon wieder davon geben, oder?“
Ich
schüttelte entrüstet den Kopf. „Bin ich verrückt? Wer weiß was
sonst noch so alles mit ihr passiert. Nein, ich werde Friederike
nichts mehr davon geben, ich überlege nur was ich mit dem Zeug nun
anstellen soll, damit Friedbert nix merkt.“
„Warum? Sag ihm einfach was du davon
hältst, du bist schließlich der andere Elternteil!“ Erschrocken
sah ich Rick an. Alleine wenn ich nur daran dachte, wie Friedbert
mich letztens angeschrien hatte, gingen mir schon die Gäule durch.
Ich wurde früher so oft angeschrien, ich ertrug das nicht…
„Ich werde
das tägliche Fläschchen einfach in den Ausguss gießen und
Friederike mit normaler Milch füttern, dann merkt er bestimmt
nichts“ sagte ich entschlossen und setzte das auch sofort in die
Tat um. Ich kippte das heutige Fläschchen weg und rührte normale
Milch an, die ich dann meiner Tochter gab. Sie schien auch zufrieden,
verlangte wieder das Physikbuch und las weiter. Rick hatte sich in
der Zwischenzeit um Sirius gekümmert, er hatte regelrecht einen
Narren an dem kleinen Halb-Alien gefressen und das schien durchaus
auch auf Gegenseitigkeit zu beruhen.
Ich machte
uns Männern dann erst mal Frühstück. Es gab Pfannkuchen, so wie
früher, dick mit Sirup. Rick stürzte sich darauf wie ein hungriger
Wolf und wenn ich ihn mir so betrachtete, war er noch dünner als ich
und ich war schon nicht der Dickste. Irgendwie fragte ich mich, wann
er das letzte Mal etwas Anständiges zu essen bekommen hatte. Doch
ich fragte ihn besser nicht, er hatte ja gestern zugegeben, dass er
sein Geld wohl eher für „ungesunde“ Dinge ausgegeben hatte.
Ob das der Grund war, das er wieder
zurückkam? Hatte er in Europa Schwierigkeiten gehabt?
„Wie lange
wirst du bleiben?“ fragte ich ihn.
„Wenn es dich nicht stört, würde
ich erst nach den Feiertagen weiterfahren.“
„Ist schon okay, ich vermute mal
Friedbert taucht eh nicht auf, obwohl er wenigsten an einem
Familienfest zu Hause sein könnte… Du musst dann halt bei mir
schlafen, denn in ein paar Tagen werden Lars und Pascal mit den
Kindern nach Hause kommen.“
„Kein Problem, großer Bruder“
sagte Rick leichthin und nahm sich noch ein paar Pfannkuchen.
Wir
vertrieben uns den Tag mit den Kindern und mit Tratschen. Gegen
Mittag, als die Kinder ihren Mittagschlaf hielten, legten wir uns
auch wieder hin, wir waren doch ziemlich kaputt von unserer Sauftour.
Rick hatte ich ja vorerst in Lars´ und Pascals Schlafzimmer
einquartiert und dorthin hatte er sich wieder verzogen, ich war im
Wohnzimmer eingenickt. Ich träumte gerade irgendeinen Schwachsinn,
als das Telefon mich weckte.
Missmutig nahm ich den Hörer in die
Hand und brummelte hinein, als ich Laras Stimme erkannte. Sofort war
ich wach. Ein merkwürdiges Kribbeln lief meinen Körper hinunter,
ein Kribbeln, das ich schon so lange nicht mehr spürte. Verdammt,
fühlte sich das gut an…
„Terry?
Bist du das?“ tönte es aus dem Hörer. Lara klang verschnupft, sie
musste sich wohl mal wieder aufgedeckt haben, trotz der Hitze konnte
man sich eine hübsche Sommergrippe hinzuziehen…
„Terry… ist Lars da? Ich… ich
muss mit ihm reden…“
„Lars ist noch im Krankenhaus, er
kommt erst übermorgen nach Hause. Soll ich ihm etwas ausrichten?“
Lara antwortete nicht sofort und als ich sie plötzlich schniefen
hörte, beschlich mich ein ganz blödes Gefühl.
„Lara, was ist los? Ist etwas
passiert?“ Es schniefte wieder, dann sprach Lara weiter.
„Terry, er ist… er ist tot… Lutz…
er ist heute früh gestorben…“
Starr vor
Schreck stand ich da mit dem Hörer in der Hand und konnte erst mal
nichts sagen. Lutz, Laras zweiter Ehemann, mein Schwager, Kumpel und
Pascals und Friedberts Bruder, war... tot?!
„Ganz… ganz ruhig, Maus. Nicht
weinen. Erzähl´ mal der Reihe nach. Was ist passiert?“ Doch Lara
konnte sich nicht beruhigen, sie weinte und weinte, sie brachte kein
einziges Wort mehr zustande. Ich hätte wohl ewig am Telefon warten
können und sie hätte nichts sagen können.
„Okay Lara, ich lege jetzt auf. Du
machst keinen Blödsinn, hörst du, ich komme sofort zu dir runter,
verstanden?“
Ich konnte
nur eine leises „okay“ hören, dann legte ich auf. Ich riss Rick
aus dem Schlaf und bat ihn auf die Kinder aufzupassen, was er nach
einer kurzen Erklärung auch tat, dann rannte ich den Kurios-Hügel
hinunter. Kurz nach dem Telefonat klingelte ich an Laras Haustür,
doch es öffnete niemand. Kurz entschlossen sprang ich über den Zaun
und ging über die Terrasse, ich hoffte dass die Terrassentür nicht
verschlossen war, und das war sie zum Glück auch nicht. Lara saß
auf der Couch, das Gesicht tränenverschmiert, die Hände verkrampft.
„Meine Güte Lara…“
Ich setzte
mich neben sie. „Was ist passiert?“
Lara schluchzte mehrmals, dann war sie
endlich in der Lage zu sprechen.
„Lutz… er arbeitete an der
Erforschung eines unbekannten Virus, das von Pleasantville
eingeschleppt wurde… er muss sich irgendwie infiziert haben… er
ist innerhalb von 36 Stunden verstorben… Niemand konnte ihm helfen,
sie haben ihn isoliert, damit er niemanden sonst anstecken kann. Als
er gestorben war, haben sie seine Leiche sofort verbrannt…“
Lara brach wieder in Tränen aus. „Ich
konnte mich nicht mal von ihm verabschieden, ich werde ihn niemals
wieder sehen… Ein beschissener Grabstein wird alles sein, was von
ihm übrig bleibt…“
Ich hatte
einen dicken Kloß im Hals sitzen, der mir das Sprechen versagte.
Lara tat mir so leid, sie so leiden zu sehen, schmerzte mich, warum
konnte ein einzelner Sim nur soviel Pech haben, erst wurde sie
betrogen und dann stirbt der zweite Mann…
Und auch ich trauerte um Lutz, der ein
einfacher, fröhlicher Kerl war, mit niemandem Feind, mit jedermann
Freund, der sein Leben genoss und Lara ein guter Ehemann war.
Verdammt, warum erwischte es immer die Guten!
Ich zog Lara
auf die Füße und verfrachtete sie ins Schlafzimmer. Dort steckte
ich sie in ihr Bett, was sie auch ohne Widerstand hinnahm.
„Schlaf jetzt. Ich komme dich morgen
wieder besuchen. Und das du mir ja keinen Unsinn anstellst, hörst
du?!“
Lara nickte schwach und ich verließ
ihr Haus auf demselben Weg, wie ich hineingekommen war. Sehr langsam
trottete ich nach Hause. Nun musste ich Pascal und Friedbert anrufen,
wie würden sie auf die Nachricht reagieren?
Friedbert
stand Lutz nicht sehr nahe, aber Pascal liebte seinen jüngeren
Bruder…
Es würde ihn sehr treffen. Seufzend nahm ich den Telefonhörer in die Hand und wählte die Nummer des Krankenhauses. Es würden traurige Weihnachten werden, im Hause Kurios…
Es würde ihn sehr treffen. Seufzend nahm ich den Telefonhörer in die Hand und wählte die Nummer des Krankenhauses. Es würden traurige Weihnachten werden, im Hause Kurios…
----
Teil 24 - Fröhliche Weihnachten
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen