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Friedbert blieb die Feiertage bei mir
und nach langer Zeit schliefen wir wieder miteinander. Ich wollte
zuerst nicht, versuchte mich schlafend zu stellen. Doch immer noch
versetzten mich seine Berührungen in einen Zustand, in dem ich mich
nicht mehr gegen seine Zärtlichkeiten wehren konnte.
Er liebkoste
mich am ganzen Körper, so sanft und zärtlich wie am Anfang unserer
Beziehung. Ich spürte wie mein Geist sich dagegen wehrte, doch mein
Körper zeigte Friedbert etwas Anderes, er wollte die Befriedigung.
So gab ich mich ihm hin und genoss es. Wieder einmal! Immer noch!
Sollte ich es eher nicht als unangenehm empfinden, so wie er mich die
letzte Zeit behandelt hatte?
Ich hatte
sowieso nicht damit gerechnet, dass er dies tun wollte und ich musste
mich währenddessen wundern, dass er sich im Bett solche unglaubliche
Mühe gab, er hatte mir nie weh getan dabei, aber im Alltag
behandelte er mich inzwischen wie Luft. War dies seine Art seine
Liebe auszudrücken? Alle hundert Jahre einmal, im Bett?
Ich lag
danach wach, wie schon so oft. Es konnte so nicht sein, früher war
er auch außerhalb der Laken liebevoll zu mir. Er war erst so –
kalt – seit Friederike da war. Ich hatte von diesem Phänomen bei
Männern gehört, die ihre Frauen nach einer Schwangerschaft nicht
mehr als Sexualpartnerin sehen konnten, doch das traf hier ja in
keinster Weise zu. Was war also das Problem?
Ich
versuchte zu schlafen, was mir dann zum Glück gelang. Ich schlief
gut und fest und bekam so nicht mit, wie Friedbert in der Frühe
verschwand. Er hatte sich wieder in sein Labor verzogen, ohne ein
Wort, ohne eine Nachricht. Die angenehmen Erinnerungen an die
vergangene Nacht waren schlagartig verschwunden und Frust machte sich
in mir breit, der mich immer tiefer und tiefer zu ziehen schien.
Ich setzte
mich in die Wanne und stellte das Wasser der Dusche an. Ich blieb
einfach dort sitzen und ließ mich berieseln – und hoffte völlig
umsonst, dass die Tropfen mein Unglück mit in den Abfluss nehmen
würden. Ich weiß nicht wie lange ich dort gesessen habe, aber
irgendwann holte mich Ricks Stimme in die Wirklichkeit zurück.
„Terry, bist du das dort drinnen? Du hast wohl vergessen das du die
einzige Toilette in diesem komischen Haus seit über einer Stunde
besetzt hältst!“
Entsetzt
stieg ich aus der Wanne und zog mich an. Nicht nur das ich das Bad
besetzt hielt, ich hatte die Kinder vernachlässigt. Verdammt, was
war ich nur für ein Vater… Das wäre mir bei Lars und Niels
niemals passiert…
Ich ließ Rick hinein, der mich mit
wütenden Blicken hinausjagte. Der Arme, er hatte es so eilig, das er
sich nicht mal mehr die Zeit nahm abzuschließen.
Sofort sah
ich nach den Kindern. Doch die waren versorgt, ich hatte nicht mehr
daran gedacht, dass auch Lars und Pascal wieder zu Hause waren. Und
nachdem die Zwillinge ihre Fläschchen bekommen hatten, fütterten
sie auch Sirius und Friederike. Dachte ich zumindest. Denn als sie
die Kinder versorgen wollten, bekamen die Beiden gerade noch mit, wie
Friedbert Friederike mit der letzten Flasche dieser Leucht-Milch
gefüttert hatte!
Verdammt,
ich versuchte zu verhindern, dass sie das Zeug trank und nun kam mir
mein Ehemann dazwischen! Als ich Friederike zu Gesicht bekam, glühte
sie schon nicht mehr, aber sie studierte inzwischen Brehms Tierleben
von hinten bis vorne durch. Ich seufzte. Das war nicht gut, nein, gar
nicht gut. Ich hoffte nur, jetzt, da diese blöden Super-Flaschen
leer waren, würde Friedbert keine Neuen mehr anschleppen.
Heute war
Sylvester und ich überlegte, was wir an diesem Abend anstellen
wollten. Irgendwie hatte ich zu nichts Lust, sollte ich wenigstens
ein paar Knaller besorgen? Doch auch auf Knaller hatte ich keinen
Bock, irgendwie war mir jede Art von verordneter Belustigung zuwider.
Ich wusste genau was meine Lustlosigkeit ausgelöst hatte, einmal das
Friedbert sich wieder verdrückt hatte und zum anderen packte Rick
seine Sachen.
Morgen fuhr
er nach Seattle weiter, verließ mich wieder. Verdammt, der Gedanke
schmerzte mich mehr als ich zugeben wollte, ich war so froh gewesen,
das er bei mir war. Aber Rick hatte sein eigenes Leben und seine
eigenen Probleme. Irgendetwas nagte an ihm, doch er war nicht bereit
es mir zu erzählen. Ich bezweifelte immer noch, ob es so eine gute
Idee war, das er in unser Elternhaus zurückkehrte.
So schleppte
ich mich mit Trübsal blasend durch den letzten Tag des Jahres. Sohn
und Schwiegersohn kümmerten sich weiter um die Kinder, sie meinten
ich solle mich mal ausruhen, was ich dankbar annahm. Gegen Abend
bereitete ich wenigstens ein Abendessen für uns zu, auch wenn wir
nicht wirklich feiern würden, sollten wir nicht hungern.
Der nahende
Abschied drückte Rick und mir gewaltig aufs Gemüt. Ich musste an
früher denken, was wir alles zusammen gemacht haben, obwohl wir
altersmäßig so weit auseinander waren, steckten wir ständig
zusammen. Ich nahm ihn immer zu unseren Bandproben mit und ich war
wohl schuld, das er in diesen komischen Kirchenchor ging. Mein Vater
begrüßte das sehr, ein Zeichen seiner verdammten Bigotterie, die
Kinder in die Kirche jagen und zu Hause die Familie terrorisieren.
Plötzlich
kam mir eine Idee. Ich lief zum Telefon und rief bei Lara an. Niels
war noch bei ihr, ihn wollte ich sprechen. Und zu meinem Glück ging
er selbst dran.
„Niels, bist Du heute Abend zu
Hause?“ Verwundert bejahte mein Sohn meine Frage. „Gut, Rick und
ich kommen zu Euch runter!“
Ich hängte den Hörer ein, lief in
mein Schlafzimmer um etwas zu holen, dann ich zog einen verdutzten
Rick hinter mir her. „Terry, wo willst du hin? Und was willst du
mit den Sticks?“
Niels
wartete schon auf uns. „Dad, was ist los?“
„Ich will alte Zeiten aufleben
lassen“ sagte ich zu meinem Sohn. In Niels Augen blitzte geradezu
kindliche Freude auf.
„Ach so“ meinte Rick grinsend. „Du
willst die Nachbarschaft aufmischen.“
„Genau“ antwortete ich und grinste
ebenfalls. „Mal sehen ob ich es noch kann.“
Ich setzte
mich an mein Set und ließ andächtig die Hände über die Drums
gleiten. Lutz hatte sie gut gepflegt, er war auch ein begeisterter
Drummer gewesen. Und da Friedbert Lärm hasste, hatte ich ihm mein
heißgeliebtes Set überlassen. Ich nahm die Sticks aus ihrer Hülle
und fing zu spielen an. Ich war vielleicht etwas aus der Übung und
es würde einen gewaltigen Muskelkater morgen geben, doch was war das
gegen das Gefühl des Rhythmus, der Klang der Becken, das tiefe,
kräftige Klopfen der Basstrommel. Immer mehr kam ich in den Fluss
der Musik und ließ mich tragen.
Niels hatte
sich seine E-Gitarre umgehängt und wir spielten zusammen, wie
früher, Vater und Sohn. Er war sehr glücklich darüber, ich konnte
es sehen, ich hörte es an seinem Spiel. Er ließ die Gitarre singen,
entlockte ihr Töne jenseits der Realität, dass es mir einen Schauer
nach dem Anderen über den Rücken jagte. Ich war verdammt stolz auf
meinen Sohn.
Rick schüttelte grinsend den Kopf.
„Ihr seid verrückt.“
„Dann sei
Du es auch“ meinte ich nur und nickte in Richtung Piano. Rick
schüttelte noch mal den Kopf, dann setzte er sich auf den Hocker und
fiel in unser Spiel ein. Und nicht nur das, er sang dazu und das
sogar sehr gut.
Ich weiß nicht wie lange es gedauert
hatte, doch unsere Musik hatte bald die Nachbarn angelockt. Doch
niemand beschwerte sich, es war Silvester und endlich war mal was los
in diesem verdammten, trostlosen Kaff. Sollten sie doch alle kommen
und sehen wie ich mir den Kummer von der Seele spielte!
Und dann kam
Lara. Sie wunderte sich über den Krach und staunte Bauklötze, als
sie uns hier sah. Kein Laut kam über ihre Lippen, sieh sah uns
einfach nur zu, sie sah mir zu. Sie hatte mich oft beobachtet und ich
hatte ihr ihre Lieblingsstücke vorgespielt und sie musste nur anhand
des Rhythmus erraten, welches Lied es war. Ich fühlte ihre Augen auf
mir ruhen, während ich die Sticks wirbeln ließ und gütige
Sim-Göttin, ich fühlte mich plötzlich so gut.
Rick sah
mich, nachdem wir den Titel beendet hatten, kurz an, dann begann er
einfach wieder zu spielen. Niels und ich erkannten das Lied und als
Rick zu singen anfing, kamen wir mit unseren Instrumenten dazu…
From underneath the trees
We watch the sky
Confusing stars for satellites
I never dreamed that you\'d be mine
But here we are, we\'re here tonight
Singin\' amen, I, I\'m alive
Confusing stars for satellites
I never dreamed that you\'d be mine
But here we are, we\'re here tonight
Singin\' amen, I, I\'m alive
Singin\' amen, I, I\'m alive
If everyone cared and nobody cried
If everyone loved and nobody lied
If everyone shared and swallowed their pride
Then we\'d see the day when nobody died
And I\'m singin\' a-
Amen, I, amen, I, I\'m alive
Amen, I, amen, I, amen, I, I\'m alive
And in the air the fireflies
Our only light in paradise
We\'ll show the world they were wrong
And teach them all to sing along…
If everyone cared and nobody cried
If everyone loved and nobody lied
If everyone shared and swallowed their pride
Then we\'d see the day when nobody died
And I\'m singin\' a-
Amen, I, amen, I, I\'m alive
Amen, I, amen, I, amen, I, I\'m alive
And in the air the fireflies
Our only light in paradise
We\'ll show the world they were wrong
And teach them all to sing along…
Ich liebte
dieses Lied. Ricks raue Stimme drang zu mir herüber, die Akkorde von
Niels Gitarre schienen ihn zu tragen.
Und ich… Ich spielte wie ich noch nie
gespielt hatte. Mein Herz klopfte im Rhythmus meiner Drums, es
klopfte, weil sie vor mir stand… Ich lächelte ihr zu und sang
leise mit Rick mit.
And as we lie
beneath the stars
We realize how small we are
If they could love like you and me
Imagine what the world could be…
We realize how small we are
If they could love like you and me
Imagine what the world could be…
Wir spielten bis weit nach Mitternacht,
über den Jahreswechsel hinaus.
Ich hatte für das neue Jahr nur einen
Wunsch: das diese Nacht, mit den Menschen, die ich am meisten liebte
auf dieser Welt, niemals enden würde…
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Musiktext: If Everyone Cared - Nickelback
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