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Klaus hielt Wort. Unter dem Vorwand
weiter nachzuforschen warum Terry die Vergiftung überlebt hatte,
suchte er nach einer Möglichkeit Friederikes Anfälle zu
unterbinden. Allerdings wusste er bereits seit einiger Zeit was genau
Terry das Leben gerettet hatte, es waren die Alienhormone für die
Schwangerschaft. Offensichtlich hatten sie dauerhaft etwas in Terry
verändert, das ihn immun gegen gewisse Stoffe machte.
Klaus hatte Friedbert nie erzählt dass
er das Geheimnis längst gelüftet hatte. Er war sich sicher, Terrys
Leben würde wieder in Gefahr sein und vielleicht auch sein Eigenes,
wenn Friedbert sie beide nicht mehr brauchte.
Also behielt er alles für sich und
nutzte sein Wissen um an einem Medikament für Friederike zu
arbeiten. Die Wahrscheinlichkeit war gegeben, dass auch ihr Körper
noch von den fremden Hormonen beeinflusst wurde.
Auch hatte er sehr wohl mitbekommen,
dass der Zustand der jungen Frau immer instabiler wurde, je mehr Zeit
verstrich. Klaus vermutete, dass sich sämtliche Prozesse in ihrem
Körper beschleunigt hatten. Was er nicht wusste war, ob es nach der
Pubertät aufhören würde, oder ob sie in der Blüte ihrer Jahre
sterben würde – als frühzeitig gealterte Frau.
Während Klaus im Labor forschte,
schlich Friederike so oft es nur ging in den Rechnerraum um ihren
Teil der Abmachung zu erfüllen.
Allerdings war das Zugangssystem
kompliziert und in einer eigenen Programmiersprache geschrieben, die
Friederike erst lernen musste. Trotz aller Mühe und trotz ihrer
überragenden Intelligenz stieß sie immer wieder auf unerklärliche
Schwierigkeiten und ihre Arbeit ging nur langsam voran.
Ihre Verzweiflung ließ Friederike
immer aggressiver werden. Schon bald tobte sie vor Terrys Tür, weil
sie diese nicht öffnen konnte. Ihre Wutschreie und Tritte gegen das
massive Holz hallten durchs ganze Haus.
So bekam Friedbert mit das seine
Tochter sich über seine Anweisungen hinweggesetzt hatte und stürmte
nach oben. Wütend über ihr Vergehen gab er ihr eine Ohrfeige,
ungeachtet seiner enormen körperlichen Kraft.
Klaus versuchte einzugreifen und den
wütenden Mann zu beschwichtigen.
„Sie kann nichts dafür! Sie kann es
nicht kontrollieren!“
Schwer atmend vor Zorn, wandte
Friedbert sich Klaus zu, der unwillkürlich zurück wich. Endlich
öffnete er die Fäuste und stapfte davon.
„Dann soll sie es lernen!“
Als Friedbert außer Sicht war,
versuchte Klaus das aufgelöste Mädchen zu trösten.
„Lass uns nach Deinem Gesicht sehen.
Vielleicht habe ich etwas womit wir das versorgen können.“
Friederike tastete vorsichtig nach
ihrer Wange.
„Ist es sehr schlimm?“
Klaus setzte das Mädchen auf die Couch
im kleinen Kaminzimmer.
„Nichts kann ein hübsches Gesicht
verschandeln“ neckte er sie und ging ins Bad nebenan um nach einer
Salbe zu suchen.
Friederike fühlte ihre Ohren rot
werden.
Während Friedbert seine Tochter durch
Ermahnungen und Arbeit zur Räson bringen wollte, versuchte Klaus es
auf eine andere Weise. Er bot an ihr das Klavierspielen beizubringen,
in der Hoffnung die Musik würde wie eine Therapie bei ihr wirken.
Friederike zögerte zunächst. An so
etwas Delikates wie ein Musikinstrument hatte sie sich noch nie
herangewagt. Sie wusste genau, einen Anfall ihrerseits würde das
teure Instrument nicht unbeschadet überstehen. Doch Klaus ließ ihr
keine Wahl und überredete sie. Wer Nacht für Nacht auf dem Dach
ausharrte und den Grillen lauschte, der musste auch empfänglich für
Musik sein.
Er sollte Recht behalten. Friederike
lernte schnell und waren ihre Anschläge zunächst unkoordiniert und
hektisch, so schien sie das Spiel tatsächlich zu beruhigen. Und wenn
ihre Finger doch mal hart auf die Tasten knallten um ihren Frust zum
Ausdruck zu bringen, legte Klaus seine Hand darauf, bis die Wärme,
die davon ausging, sie wieder entkrampft hatten.
Manchmal lagen sie vor dem Kamin, die
Bücher vor ihnen ausgebreitet und lasen, oder lernten.
Während ihr Vater sie weiter mit
seinen Experimenten quälte, versuchte Klaus ihren Geist mit Poesie
abzulenken. Friederike war erstaunt wie man Worte noch verwenden
konnte, nicht nur für harte Fakten, sondern auch um das
auszudrücken, das ihr noch viel zu fremd war: Gefühle und
Sehnsüchte.
Klaus stellte gerade das Glas mit
seinem geliebten Rotwein zurück auf den wertvollen Teppich, das
Aroma so lange wie möglich haltend und genießend, als Friederike
ein einzelnes Blatt Papier aus ihrer Mappe nahm und ihm vorsichtig zu
schob. Klaus sah auf ihre nervöse Schrift und lächelte.
„Was ist denn das?“
Friederike räusperte sich verlegen.
„Ist nicht Rilke, ich weiß.“
Klaus las ihre selbst gedichteten
Verse, dann sah er wieder auf und lächelte noch tiefer.
„Nicht Rilke, aber Rike. Das ist noch
viel besser.“
Friederike spürte ihre Wangen glühen
und wandte verlegen den Blick ab.
Sie hörte so gerne wenn er sie so
nannte.
Friedbert sollte das alles nur Recht
sein, war eine ruhige Friederike doch eine produktive Friederike. Zum
Glück wusste er nicht wie produktiv sie war.
Beharrlich arbeitete sie am Hacken des
Zugangssystems weiter, wenn Friedbert aus dem Haus war und Klaus
schlief. Und wenn ihr Geist Ruhe von all der Arbeit brauchte, saß
sie wieder auf dem Dach und genoss die Nacht.
Immer öfter bekam sie dabei
Gesellschaft.
Friederike realisierte dass sie sich
freute, wenn Klaus die Treppe heraufkam um mir ihr gemeinsam in die
Sterne zu schauen. Es schien ihn nicht zu stören, dass sie besser in
Astrophysik war als er. Er neckte sie wenn sie zu sehr mit ihrem
Wissen prahlte, doch er war nie eifersüchtig. Er ging auf sie ein,
bot ihr aber auch Kontra. Er nahm sie ernst, gab ihr das Gefühl eine
reale, vollwertige Person zu sein, nicht nur ein Aushängeschild,
oder eine Laborratte.
Manchmal lagen sie einfach nur stumm
nebeneinander und sahen nach oben. Manchmal trafen sich ihre Blicke
und es war beiden, als würden sie sich ohne ein einziges Wort
verstehen.
Und manchmal waren sie sich so nah,
dass sie die Wärme des jeweils anderen spüren konnten.
Doch so schön die gemeinsame Zeit auch
war, irgendwann musste Klaus ins Bett. Und immer öfter schlich
Friederike ihm nach, weil sie sich ohne ihn einsam fühlte.
Sie bewegte sich so lautlos, dass er
nicht merkte wie sie sich in sein Zimmer schlich und ihn beobachtete.
Manchmal jedoch schien er zu lächeln und Friederike wunderte sich,
ob er ihre Anwesenheit im Schlaf spüren konnte.
Sie konnte die ganze Nacht so dasitzen
und den schlafenden Mann beobachten.
Schlaf war etwas, das sie nicht mehr
kannte. Sie kannte nicht mehr das Gefühl erholt aufzuwachen, oder
gar zu träumen. Also beobachtete und beneidete sie ihn um seine
Fähigkeit den Wahnsinn des Alltags für ein paar Stunden zu
vergessen.
Da war noch etwas, was sie hierher
trieb.
Es war dieses Gefühl, das sie nicht
benennen konnte. Das Leuchten auf seiner Haut, wenn das Mondlicht
durchs Fenster fiel. Das Spiel der Muskeln darunter, wenn er sich im
Schlaf bewegte. Das Verlangen ihn vorsichtig zu berühren.
All die Dichtkunst, die Klaus ihr
zeigte, sprach von diesem Gefühl, das sie bei dem Anblick empfand.
Doch sie wusste nicht damit umzugehen.
Trotz alldem, trotz all der Mühe, die
Klaus sich gab um sie abzulenken, bekam Friederike ihre Wutanfälle
nicht in den Griff. Sie begann weiterhin ohne Vorwarnung zu toben und
hätte wohl schon das halbe Mobiliar zertrümmert, wenn er sie nicht
aufgehalten hätte. Das er sich damit selbst in Gefahr brachte war
ihm sehr wohl bewusst, er konnte sie im Gegensatz zu früher kaum
noch festhalten.
Friederike war noch größer und
stärker geworden.
Abends ging Friederike wie gewohnt aufs
Dach, nachdem ihr Vater das Haus verlassen hatte. Normalerweise würde
Klaus später nachkommen, doch diesmal stand er bereits an den
Zinnen, in die Nacht hinaus starrend, wie sie es sonst tat, wenn sie
auf ihn wartete. Sie trat neben ihn und er drehte ihr den Kopf zu.
Sie vermisste das Lächeln, das sich
normalerweise zeigte, sobald er die junge Frau sah. Stattdessen sah
sie Besorgnis.
„Fühlst Du Dich wieder besser?“
erkundigte er sich, nachdem sie sich nach ihrem letzten Anfall in
ihrem Zimmer eingeschlossen hatte.
„Ich denke schon“ gab sie unsicher
zurück und verfiel danach in Schweigen.
Klaus wendete sich vollends um und
studierte ihr Gesicht. Erschöpfung zeichnete sich darin ab, der
letzte Anfall war schlimm gewesen. Er wünschte sie könnte schlafen
und sich davon erholen.
„Es war heftig diesmal“ unterbrach
er das Schweigen. „Ich wünschte wirklich, ich käme besser voran.“
„Du tust doch was Du kannst“ gab
Friederike hilflos zurück und Klaus musste den Wunsch unterdrücken
sie in die Arme zu nehmen und zu trösten.
„Es tut mir leid“ sagte er
stattdessen leise.
Friederike schüttelte den Kopf. „Dir
muss nichts leid tun. Wahrscheinlich kann man nichts dagegen tun. Ich
bin eben ein Monster.“
„Du bist nichts weniger!“
widersprach Klaus, kaum das sie geendet hatte. „ER ist das Monster,
weil er Dich so behandelt. ER ist für Deine Konstitution
verantwortlich. ER, nicht Du.“
Seine Stimme wurde leiser. „Und ich
bin auch eines, weil ich ihm geholfen habe.“
Überrascht musterte Friederike Klaus,
der sich nun beschämt wegdrehte. Das Sprechen fiel ihm plötzlich
schwer.
„Friedbert“ erklärte er weiter,
„Er... Das Gift, für Deinen anderen Vater... das hat er von mir.“
Friederike starrte den Mann vor sich
an. „Was sagst Du da?“
Klaus atmete tief durch.
„Ich sagte doch... schwerer Fehler.
Ich... war so dumm und habe ihm alles geglaubt. Jede einzelne Lüge.“
Friederike brauchte einen Moment um
ihre Gedanken zu ordnen.
„Du meinst... mein Vater wollte...
Daddy umbringen?!“ stieß sie hervor, endlich die Bedeutung der
Worte begreifend.
Klaus nickte.
„Er hatte mir die tollsten
Geschichten erzählt, dass Terry den Tod verdienen würde und all
das. Und ich habe ihm geglaubt. Ich wollte ihm glauben. Ich dachte,
das war ein geringer Preis für das, was ich bekommen würde.“
Sie starrte ihn an.
„Und was solltest Du bekommen?“
Klaus schloss kurz die Augen, dann
schüttelte er den Kopf.
„Das ist nicht mehr wichtig. Wichtig
ist, das ich endlich die Wahrheit erkannt habe. Und das ich nicht wie
er sein will. Auch wenn das wohl... ziemlich spät kommt.“
Friederike war überwältigt von dem,
was sie gerade gehört hatte. Ihre Gedanken glitten zu den
vergangenen Wochen, wie passte das alles zu dem Mann, den sie in
ihrer gemeinsamen Zeit kennengelernt hatte?
„Wolltest Du mir deshalb helfen? Um
es wieder gutzumachen?“
Klaus nickte langsam, froh das sie ihn
nicht in der Luft zerrissen hatte, auch wenn er es dreimal verdient
hatte.
„Unter anderem.“
Friederike musterte ihn stumm und das
tat Klaus mehr weh, als wenn sie ihn angeschrien, oder zu Mus
geschlagen hätte. Denn dass sie das gekonnt hätte, das war ihm
bewusst. Er hätte sich wohl nicht mal gewehrt.
„Daddy... ist er okay?“ brach sie
irgendwann das Schweigen.
Klaus nickte. „Die Alienhormone haben
ihn immun gemacht.“
„Dann wird mein Vater sich was
anderes einfallen lassen“ schlussfolgerte Friederike traurig.
„Nein, er wartet immer noch auf das
Ergebnis der Nachforschungen.“
Friederike drehte erstaunt den Kopf
zurück zu ihm.
„Du hast es ihm nicht gesagt? Warum?“
Klaus zuckte leicht mit den Schultern.
„Weil ich zum Glück wieder bei
Verstand bin.“
Sie nickte langsam und ihr Blick
schweifte wieder in die Dunkelheit.
Da sie nichts mehr sagte, wollte Klaus
sich zum Gehen wenden, akzeptierend dass das, was sich zwischen ihnen
entwickelt hatte, nun passé war. Wenigstens war sein Gewissen
erleichtert, auch wenn er dafür einen hohen Preis zahlen musste.
„Wie viele Meter es wohl da runter
sind?“
Klaus stoppte mitten in der Bewegung
als er ihre Worte hörte und sah zurück. Friederike stand dicht an
den Zinnen. Ohne Nachzudenken eilte er zu ihr und zog sie an sich.
Sie wehrte sich nicht, doch sie nahm
den Blick nicht vom Boden unter ihr.
„Denk nicht mal dran“ versuchte
Klaus sie abzulenken. „Nichts ist das Aufgeben wert, gar nichts.
Weder er, noch ich.“
Friederike spürte die Wärme seines
Körpers, die Sicherheit, die seine Arme boten. Sie spürte wieder
dieses Gefühl, welches sie überkam, wenn sie zusammen waren. Sie
wollte es nicht aufgeben, sie konnte nicht ohne ihn sein, egal was er
getan hatte.
„Ich bin eine Gefahr für Dich“ gab
sie trotzdem zu bedenken.
„Das ist mir egal“ wisperte er in
ihr Ohr. „Ich weiß auf was ich mich einlasse.“
„Und wenn ich Dich verletzte?“
„Das wirst Du nicht. Wenn Du mir nur
verzeihst, alles andere ist mir gleich.“
Endlich schmiegte sie sich in seine
Arme und Klaus schloss ihren Körper darin ein. Glücklich, dass sie
trotz Allem seine Gefühle zu teilen schien, schaute er mit ihr in
die Sterne.
Friederike saß diese Nacht nicht neben
ihm auf dem Bett, sondern hielt ihn in ihren Armen, seinen Schlaf
bewachend. Das Mondlicht beschien sie nun beide und wenn Klaus sich
beim Träumen bewegte, spürte sie es.
So wollte sie es von nun an immer
haben. Nichts gab ihr mehr Frieden und innere Ruhe, als seine Nähe
und Wärme und sein Vertrauen.
Am nächsten Morgen war sie
verschwunden. Klaus wusste, Friedbert rief immer schon früh nach
ihr. Er schwang die Beine aus dem Bett und starrte aus dem Fenster,
ins Morgenrot. Würde Friedbert für immer ihr Leben bestimmen? Wie
würde es mit Friederike und ihm weitergehen? Sie war noch jung, das
wusste er. Er würde warten und ihr die Entscheidung überlassen, ob
sie bei ihm bleiben wollte, oder nicht. Doch dazu mussten sie beide
frei sein.
Klaus ging ins Bad um sich für den Tag
frisch zu machen. Er würde mit Friedbert reden.
Er fing ihn im Labor ab.
„Ich muss mit Dir sprechen.“
Genervt musterte der andere Blonde
Klaus.
„Ich habe keine Zeit zum Reden. Und
Du auch nicht, da wartet eine Menge Arbeit!“
„Verdammt nochmal, Friedbert!“ fuhr
Klaus auf. „Hast Du jemals etwas Anderes im Kopf als Arbeit? Und
wenn nicht, könntest Du Dir vorstellen das andere Sims gerne ein
Leben hätten, außerhalb des Labors?!“
Friedbert musterte Klaus misstrauisch,
sich über dessen plötzlichen Aufstand wundernd.
„Von was redest Du? Es war klar das
wir hier nichts Anderes tun würden als arbeiten. Oder für was hast
Du selbst ein Labor hier eingerichtet?“
„Für Forschungen natürlich, was
denn sonst“ gab Klaus zurück. „Aber darum geht es hier nicht. Du
sperrst uns ein, das ist Freiheitsberaubung! Von dem was Du mit dem
armen Tropf dort oben gemacht hast, nicht zu sprechen! Was hat er Dir
getan Friedbert? Sags mir, denn Deinen Lügen glaube ich kein Wort
mehr.“
Friedberts Brauen zogen sich immer mehr
zusammen, je mehr Klaus sich in Rage redete.
„Das geht Dich nichts an. Und nun tu
was ich Dir gesagt habe und das ein wenig schneller, ich verliere
nämlich langsam die Geduld!“
„Dann wirst Du lernen müssen Geduld
zu haben! Denn ich habe keine mehr mit Dir! Ich mache Deine Spielchen
nicht mehr mit, ich habe genug von Deinem Wahnsinn!“
In Friedberts Augen begann es zu
glitzern, was Klaus jedoch in seiner Aufregung nicht wahr nahm.
„Was willst Du damit sagen?“ fragte
er gefährlich ruhig.
„Lass uns gehen“ forderte Klaus.
„Du kannst das verdammte Haus und das Labor haben. Werd damit
glücklich.“
Friedbert ballte die Fäuste. „Kommt
nicht in Frage“ zischte er. „Die beiden gehören mir, ich kann
mit ihnen machen was ich will!“
„Das kannst Du nicht“ gab Klaus
entschlossen zurück. „Friederike kommt mit mir, wenn sie mich
will.“
Endlich begann Friedbert zu verstehen.
„Du Mistkerl vergreifst Dich an
meiner Tochter?!“
„Ich habe nichts getan wessen ich
mich schämen müsste“ fauchte Klaus zurück. „Du jedoch,
solltest Dich wirklich in Grund und Boden schämen, für das was Du
ihr und ihrem Vater angetan hast. Weißt du eigentlich was mit ihr
passiert, dank Deiner Experimente, Deiner Mittelchen um einen
Supermenschen zu züchten? Nein, denn das kümmert Dich nicht. Sie
ist fast erwachsen, körperlich und geistig. Aber Du hast sie ihrer
Kindheit beraubt und vielleicht auch ihres restlichen Lebens.
Wenigstens das soll sie in Frieden verbringen können. Wir packen
unsere Sachen, wenn wir fertig sind, finden wir die Eingangstür
geöffnet vor!“
Klaus wollte sich an Friedbert vorbei
drücken um das Labor zu verlassen, doch der Mann ließ ihm keine
Chance dazu. Ein harter Stoß vor den Brustkorb ließ ihn
zurücktaumeln und nahm ihm den Atem. Verzweifelt schnappte er nach
Luft um sich zu wehren, doch da bekam er schon den nächsten Stoß.
Friederike, die vom Geschrei der Männer
angelockt wurde, sah mit Entsetzen, wie Friedbert auf seinen
Widersacher losging.
Der nächste Stoß folgte so schnell
und hart, dass Klaus zu Boden ging. Friederike versuchte ihren Vater
aufzuhalten, doch Friedbert schob sie einfach zur Seite, so sehr sie
auch auf ihn einschlug und schrie.
Klaus lag benommen am Boden. Wie ein
großer, schwarzer Schatten kam Friedbert über ihn.
„Sie gehört mir“ zischte er und
packte den hilflosen Mann.
Ein hässliches Knacken war das Letzte,
das Klaus noch hörte und spürte.
Mit einem Aufschrei ließ sich
Friederike auf die Knie fallen.
„Was hast Du getan!“
Angewidert wandte Friedbert sich ab.
„Er hat es verdient. Das bekommt man,
wenn man sich gegen mich stellt, also pass auf was Du tust!“
Friederike hörte nicht das Schlagen
der Tür, als ihr Vater den Raum verließ. Blind vor Tränen tastete
sie über den leblosen Körper, der ausgestreckt vor ihr lag,
rüttelten sacht an ihm, in der Hoffnung Klaus würde seine Augen
wieder aufschlagen und sie mit seinem Lächeln necken.
Doch nichts würde ihn jemals wieder
Lächeln lassen.
Irgendwann erhob Friederike sich mit
schmerzenden Knien. Sie wusste nicht wie lange sie dort ausgeharrt
hatte, sie wusste nur, hier, auf dem kalten Steinboden, konnte er
nicht bleiben.
Sie hob seinen zerbrochenen Körper
vorsichtig auf ihre Arme, sein Gewicht kaum spürend. Langsam, fast
vorsichtig als habe sie Angst ihn zu wecken, trug sie Klaus nach
oben.
Sie legte ihn auf seinem Bett ab und
weinte. Sie trauerte um all das, was er ihr gegeben hatte, um die
Musik, die Sterne, die Poesie. Sie trauerte um seine Scherze, die
täglichen Neckereien, seine Geduld. Sie trauerte um die Wärme, die
sie umgab, nur weil er einfach bei ihr war. Und sie trauerte um
dieses Gefühl, das sie kennengelernt hatte und dessen Bedeutung sie
jetzt endlich verstand, jetzt, wo die Quelle nicht mehr da war.
Sie trauerte um ihre Liebe.
Eine herrische Stimme ließ sie
aufschrecken, Friedbert rief nach ihr. Ein Zittern lief durch ihren
Körper bei dem Klang und weckte ein neues Gefühl in ihr, eines, das
dem anderen in seiner Stärke und Macht in nichts nachstand.
Mechanisch löste sie sich von dem
Körper, den sie umklammert hielt und richtete sich auf.
Doch es war
nicht mehr das Mädchen, das dort stand, es war eine Frau, die nur
noch eines fühlte: kaltblütigen Hass.
Sie hörte Friedbert nebenan nach ihr
rufen. Zielstrebig ging sie auf ihn zu und packte ihn an der Kehle,
seinen Körper mit eben jener Kraft zu Boden schmetternd, die auch
den Mann zerstört hatte, den sie liebte.
Ihre Finger schlossen sich wie
Stahlklammern um den Hals ihres Erzeugers. Friedbert spürte dass er
keine Chance mehr gegen sie hatte und nackte Angst schlich sich in
seine Augen.
Und während sie immer erbarmungsloser
zudrückte und das Leben unaufhaltsam aus Friedberts Körper wich,
verging der letzte Rest der Wärme und Liebe, die Klaus in
Friederikes Herz gepflanzt hatte.
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