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Ich hatte den Rest der Nacht auf der
Couch auf unserer Veranda verbracht. Lara fand mich später dort,
doch sie wunderte sich nicht darüber. Ich schlief oft dort, wenn es
mir im Haus zu warm war.
Fast panisch
verschwand ich unter der Dusche und wusch mir die Spuren der Nacht
vom Körper. Als Lara zur Arbeit gefahren war, stopfte ich meine
Kleider in die Waschmaschine. Ich kam mir wie ein Verbrecher vor, der
realisierte was er verlieren könnte und nun krampfhaft versuchte
seine Spuren zu verwischen.
Anschließend
fuhr ich zur Arbeit. Ich kam an dem Tag auch noch zu spät und
handelte mir einen schiefen Blick vom Abteilungsleiter ein.
Ich konnte kaum einen klaren Gedanken
fassen. Immer wieder kam mir die vergangene Nacht in den Sinn. Ich
sah ihn ständig vor mir, hatte seine Worte im Ohr, spürte immer
noch seine Hände auf meinem Körper...
Ich schämte
mich so sehr für das was ich getan hatte. Ich schämte mich, dass
ich Lara betrogen hatte, ich schämte mich für meinen schwachen
Willen. Doch am meisten schämte ich mich dafür, dass mich meine
Erinnerungen an ihn und an die Geschehnisse der letzten Nacht wieder
erregten!
Ich mied
meine Kollegen, die mich schon darauf ansprachen, dass ich heute
merkwürdig sei. Wir verbrachten normalerweise die Mittagspause
gemeinsam in der Kantine, doch heute versteckte ich mich in einer
Kabine der Herrentoilette. Ich saß auf dem Klodeckel und grübelte.
Was sollte ich nur tun? Sollte ich Lara meinen Fehltritt beichten?
Wie würde sie reagieren? Wie würde sie darauf reagieren, wenn sie
erfuhr, dass ich auch mit einem Mann schlief?
Genau dies
war der Punkt, mit dem ich am allerwenigsten umgehen konnte. Ich
hatte mich bisher nie für Männer interessiert. Natürlich sah man
mal hin und wieder mal was die „Konkurrenz“ zu bieten hatte, beim
Sport unter der Dusche zum Beispiel. Aber bisher ist mir nie in den
Sinn gekommen das...
Ich stützte
meinen Kopf in die Hände und heulte. Ich war also bisexuell. Oh
Himmel, Lara würde mich umbringen! Wenn sie erfuhr das ich... nein,
sie durfte es nicht erfahren. Niemals. Ich würde einfach versuchen
so zu tun als wäre es nie geschehen.
Kaum das ich
diesen Entschluss gefasst hatte, spürte ich das es mir nie gelingen
würde. Ich konnte nicht verdrängen was passiert war. Ich konnte ihn
wieder spüren, seine Zärtlichkeiten, wie gut mir seine Nähe getan
hatte. Wie ich auf seine Verführungskünste reagiert hatte. Von
anderen Dingen ganz zu schweigen...
Ich kehrte
an meinen Arbeitsplatz zurück und versuchte dieses verflixte
Microunterdruckventil in die lädierte Zeitmaschine einzubauen. Immer
wieder schweiften meine Gedanken zu Friedbert ab. Plötzlich rutschte
ich ab und rammte das Spezialwerkzeug knapp an meiner Pulsader
vorbei, durch die empfindliche Membrane des Ventils, in eines der
Relais der Maschine...
„LARSON!
HIMMEL NOCHMAL, REISS DICH ZUSAMMEN!“
Die zornige Stimme meines Chefs holte
mich in die Realität zurück. Zutiefst erschrocken starrte ich auf
den Schaden, den ich angerichtet hatte. Meine grauen Zellen
versuchten krampfhaft und in Windeseile auszurechnen wie viele
Simoleons das die Labs kosten würde. Jedes Teil war schließlich
speziell von Hand angefertigt...
Patrick,
mein Chef raste auf mich zu und schob mich zur Seite.
„Na super, ausgerechnet die
Antriebssteuerung. Mensch Larson, was geht nur in dir vor?“
Ich zog das Werkzeug aus der Maschine
und bekam keinen Ton heraus. Patrick nahm mir das Werkzeug ab und
warf es auf den Werkstattwagen.
„Terry komm mit, ich will mit dir
reden.“
Ich folgte
ihm wie ein begossener Pudel in sein Büro. Er wies mir einen Stuhl
an und setzte sich mir gegenüber. Ein unangenehmes Schweigen folgte,
während dem er mich eingehend musterte.
„Was ist los mit dir in letzter Zeit?
Du kommst zu spät, die Arbeit wird nicht fertig, dann dieser
Schaden... Terry, du bist einer unserer besten Mechaniker hier, aber
wenn du Mist machst, fliegst du! Also, was ist mit dir?“
Ich konnte
ihm schlecht erzählen was mich wirklich beschäftigte. Aber
irgendetwas musste ich ihm sagen. Ich kannte meinen Boss, er würde
nicht locker lassen bis er den Grund wusste. „Ich habe Eheprobleme“
antwortete ich leise.
Patrick lehnte sich zurück. Er klang
resigniert. „Du also auch? Seit wann?“
„Seit letztem Monat.“
Patrick schüttelte leicht den Kopf.
„Ich kenne das. Haut einen ganz schön aus den Socken.“ Ohja,
dachte ich, er wusste nicht wie sehr...
Patrick
stand auf und hielt mir die Tür.
„Mach dass du nach Hause kommst. Ruh´
dich aus. Montag stehst du ausgeruht und munter wieder auf der Matte
und dann will ich einen Terry in Höchstform sehen, ist das klar?“
Ich nickte und eilte an ihm vorbei nach
draußen. Ich holte noch schnell meine Sachen und lief nach Hause.
Mir war bewusst, dass ich haarscharf an einem Rausschmiss
vorbeigeschlittert war.
Zu Hause
legte ich mich erst mal in die Badewanne. Ich lag im warmen Wasser
und versuchte mich zu entspannen. Doch es wollte mir einfach nicht
gelingen, meine Erinnerungen und negativen Gedanken ließen mich
einfach nicht los. Meine Probleme wollten einfach nicht verschwinden
und mit dem Missgeschick auf der Arbeit kam ja noch eines dazu...
Nach dem Bad
schlüpfte ich in meine frisch gewaschenen Sachen und sah mich im
Haus um. Es war niemand da, Niels programmierte wahrscheinlich mit
seinen Kumpels um die Wette und Lara... war arbeiten. Ich setzte mich
an den Computer und las meine E-Mails. Es war auch eine von Lara
dabei. Ich sollte nicht mit dem Essen auf sie warten, stand dort. Sie
hatten heute Monatsmeeting.
Seufzend
schaltete ich den Rechner aus und ging in die Küche. Gerade als ich
den Kühlschrank öffnen wollte, klingelte das Telefon. Ich nahm den
Hörer in die Hand und meldete mich. Tausende von Schmetterlingen
tanzten in meinen Eingeweiden als ich die Stimme erkannte.
„Hallo Terry...“
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