Mittwoch, 18. Dezember 2013

Teil 6 - Lars Hochzeit

Vorher: Einmal ist keinmal

----------

Am nächsten Morgen wachte ich gerädert auf und machte mir erst mal einen starken Kaffee. Ich versuchte mich von meinen konfusen Gedanken abzulenken, die mich jetzt seit Tagen jagten. Ich wusste auch nicht was ich von Laras gestrigem „Überfall“ halten sollte, nachdem sie mich die letzte Zeit immer so kurz gehalten hatte.


Trotz meiner Müdigkeit hatte es Spaß gemacht und die Erkenntnis, dass ich sowohl meine Frau, als auch mein „Verhältnis“ befriedigen konnte, brachte mir ein neues Hochgefühl. Ich fühlte mich seit langem wieder bestätigt, bestätigt als Mann, als Liebhaber...


 Dieses Wochenende hatten wir seit langem gemeinsam frei und wir verbrachten es mit all den Dingen die ebenfalls lang auf der Strecke geblieben sind: Shopping, essen gehen, tanzen. Wir hatten endlich wieder etwas Spaß abseits des Alltags. Spaß, den wir beide dringend nötig hatten...
 

Und doch fühlte ich wie es an mir nagte, die ständigen Gedanken an Friedbert, die mich nicht losließen, meine Erlebnisse mit ihm, die mir ständig im Kopf herumgeisterten, weil sie sich so von dem unterschieden, was ich mit Lara erlebte...


 Ich fühlte mich nun noch schlimmer als jemals zuvor. Lara hatte wohl gemerkt, dass sie mich vernachlässigte und versuchte ihre knappe Zeit mehr mit mir zu verbringen. Und ich dankte es ihr, indem ich sie weiterhin mit Friedbert betrog. Jedes Mal wenn er anrief, lief ich zu ihm, teilte das Bett mit ihm. Er war so leidenschaftlich, so einnehmend, ich konnte mich nicht mehr von ihm losmachen. Ich war regelrecht abhängig von ihm...


 Ich war fortan nur noch beschäftigt meine persönliche Dreiecksbeziehung Arbeit – Lara - Friedbert zu bewältigen, und oh Wunder, ich schaffte es irgendwie. Solch ein Fehler, wie damals mit dem zerstörten Relais, ist mir nicht mehr passiert und mein Chef hatte die Sache vergessen. Ich war weiterhin der besorgte Vater und Ehemann und wenn Lara Spätschicht hatte, der leidenschaftliche Liebhaber...
Es hatte sich zur Gewohnheit eingelaufen und ich genoss es, auf allen Hochzeiten tanzen zu können.
 

Eines späten Abends schlich ich mich wieder aus Friedberts Schlafzimmer, als ich eine Gestalt im Flur erkannte. Es war Lars.
„Vater, was machst du hier um diese Zeit?“
Ich war so überrumpelt, das mir nur eine blöde Gegenfrage einfiel. „Warum bist du noch nicht im Bett?“
Lars schüttelte den Kopf und lachte leise. „Weil ich dich öfter des Nachts aus unserem Haus schleichen sehe! Und weil ich endlich mit dir darüber reden möchte!“
 

 Lars nahm mich mit ins Wohnzimmer und bedeutete mir, mich auf die Couch zu setzen. „Vater, was ist mit dir los? Ich weiß was zwischen dir und Friedbert läuft. Warum tust du das? Du und Mutter, ihr wart immer das Traumpaar schlechthin! Was ist los?“
Ich ließ den Kopf hängen. Es war wirklich naiv von mir anzunehmen, dass Lars nichts davon mitbekommen würde. Ich hätte doch davon ausgehen müssen, das der gesamte Kurios-Haushalt wusste was da lief...


„Ich weiß es nicht“ antwortete ich leise. „Es ist einfach so passiert, und nun kann ich nicht mehr aufhören...“
Lars schüttelte traurig den Kopf. „Hast du dir eigentlich Gedanken darüber gemacht was du Mutter damit antust? Oder liebst du sie nicht mehr?“
„Doch, eigentlich schon...“
„Und Friedbert? Liebst du ihn auch?“


Ich saß da und grübelte. Was war das, was ich für Friedbert empfand? Liebe? Oder war es nur der Kick? Ich wusste es nicht. Ich hatte keine Antwort darauf.
„Keine Ahnung“ sagte ich nur, und Lars schüttelte zum wiederholten Male den Kopf.
„Du musst wissen was du tust. Aber als euer Sohn kann ich das nicht gutheißen.“
„Ich weiß. Bitte, tu mir einen Gefallen, erzähle Lara nichts davon. Das ist meine Sache, da muss ich selbst durch.“


„Keine Angst, ich sage nichts. Doch du musst dir etwas einfallen lassen. Pascal und ich werden in vier Wochen heiraten. Ihr seid alle zur Hochzeitsfeier eingeladen, und du musst sehen, das du das vorher klärst.“
„Mach ich schon, keine Bange.“


Ich klärte natürlich gar nichts.
Ich war einfach zu feige und schon viel zu tief in der Sache drin, als dass ich etwas dagegen tun konnte... So vergingen die vier Wochen bis zur Hochzeit.
Lara wollte direkt von der Arbeit dahin kommen, da sie wieder Spätschicht hatte, und Niels wollte noch vorher bei einem Kumpel vorbei. So machte ich mich alleine auf die Socken, hoffend dass niemand etwas verraten würde, wenn Lara auftauchte...


Lars und Pascal wurden in einer wunderschönen Zeremonie getraut und ich stand die ganze Zeit neben meinem Liebhaber, als wenn uns kein Wässerchen trüben könnte. Ich kam mir so mies vor, doch nur alleine seine Nähe zu spüren war schon eine Droge für mich!


Ich hörte die Worte, die sich die Brautleute sagten, die Worte von ewiger Liebe und Treue, die ich damals auch zu Lara sagte, Worte, die ich immer für ewig und wahr hielt... und die ich nun in den Müll geworfen hatte.


Mit gemischten Gefühlen sah ich meinen Sohn bei seiner Hochzeit, er schien so glücklich, glücklich wie ich auch einst war. Doch was war nun? Ich war gefangen in meinen Gefühlen, hin und her gerissen zwischen zwei Welten. Und ich trieb hilflos dazwischen...


Die Hochzeitstorte wurde angeschnitten und Lara war immer noch nicht da. Ich wurde langsam wütend auf sie, konnte sie nicht mal zur Hochzeit ihres Sohnes pünktlich sein? Plötzlich zog mich Friedbert an sich und gab mir einen Kuss, der mir wieder die Sinne schwinden ließ... Ich konnte gerade noch aus den Augenwinkeln Pascals erschrockenes Gesicht sehen.


 Lara stand hinter uns. Sie war doch noch gekommen. Nun wusste sie es, sah es mit eigenen Augen. Sie sagte kein Wort, kam mit wutverzerrtem Gesicht auf mich zu und gab mir eine schallende Ohrfeige. Ich konnte mich nicht wehren, ich hatte es verdient...


Lara brach in Tränen aus und lief davon. Lars sprang auf und wollte zu seiner Mutter gehen, doch Lutz, Pascals jüngerer Bruder, hielt ihn davon ab.
„Es ist Eure Hochzeit, bleib da. Ich geh´ schon.“
Er lief Lara hinterher und redete auf sie ein.


Ich stand da, mit brennenden Wangen. Langsam ging ich ins Haus hinein. Ich setzte mich auf die Couch und heulte. Ich hatte meine Frau betrogen, die Hochzeit meines Sohnes versaut, war nun unglücklich und alleine...
Ich zerfloss wieder mal in Selbstmitleid und hatte am allerwenigsten Recht darauf.


Friedbert kam zu mir und wischte mir sanft die Tränen von der Wange. Oh, wie ich seinen Trost brauchte, seine Zuwendung... genau die Zuwendung, die mich ins Unglück gestürzt hatte! Doch er war nun alles was ich hatte.


Lutz kam ein paar Minuten später herein.
„Sie ist gegangen, Terry. Sie will dich nie wieder sehen.“


----------

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen