Freitag, 3. Januar 2014

Teil 16 - Ängste

Vorher: Teil 15 - Niels

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Stöhnend hielt ich mir meine Seite. Ich war mir sicher, irgendwann würden mich diese verdammten Rückenschmerzen, die ich nun seit drei Monaten hatte, umbringen.
Ich war nun im neunten Monat, es würde nicht mehr allzu lange dauern, dann würde unser Kind geboren werden. Oder eher, rausoperiert werden.


Wir hatten uns heute die Klinik angesehen, in der es passieren sollte, es war dieselbe Klinik und derselbe Arzt, der Pascal operiert hatte und er begrüßte uns mit den Worten: „Ah, die Kurios-Familie. Wie ich sehe sind ihre Studien erfolgreich.“
Ich wäre am liebsten geplatzt vor Wut, es waren nicht meine Studien, ich war nur das Versuchskaninchen! Doch ich hielt mich zurück, was erwartete ich denn, in dieser Stadt der Verrückten waren eben alle verrückt…


Aber als ich den OP sah, mit all diesen Gerätschaften, da wäre ich am liebsten wieder raus gestürmt, ganz weit weg, wo mich niemand findet…
 

 Und als Friedbert mein klägliches Gesicht sah und ich ihm sagte das ich Angst hätte und lieber wieder nach Hause wollte, da schimpfte er mich aus, ich wäre undankbar und solle froh sein, das wir uns die beste Klinik leisten könnten!
Doch dann beruhigte er sich wieder und brachte mich heim.


Es war inzwischen Abend und Friedbert war natürlich immer noch im Labor, ich hoffte eigentlich dass er heute etwas früher nach Hause kommen würde. Nicht nur das ich ihn trotz des kleinen Streits vermisste, so langsam bekam ich auch Panik, dass das Kind raus wollte und ich alleine und hilflos zu Hause war.
So schlich ich jedem Mitglied der Familie hinterher, nur um im Notfall nicht alleine zu sein.


 Doch im Moment war niemand da und mein Körper quälte mich, so beschloss ich eben wieder spazieren zu gehen, dann würde mich auch nicht ständig das Kind treten, wenn es durch die Bewegungen in den Schlaf geschaukelt wurde. Ich wackelte den Hügel hinunter, vollkommen außer Acht lassend wie ich ihn später wieder hinaufkommen sollte, in meinem Zustand.

 

Ich fand mich vor Laras Haus wieder, irgendwie zog es mich immer wieder magisch hier hin. Und doch sollte ich nicht hier sein, Niels war fort und Lara glücklich verheiratet, was wollte ich also hier? Während ich meine sinnlosen Überlegungen anstellte, ging die Haustür auf und Lara kaum heraus um mich zu begrüßen.


 Ich sah sie auf mich zukommen – meine wunderschöne Lara – und ich weiß nicht warum, impulsiv ließ ich mich auf ein Knie nieder und bat sie um Verzeihung.
„Lara, es tut mir alles so leid, ich bin ein Idiot, es tut mir leid was ich dir angetan habe…“
Ich redete total konfuses Zeug, doch sie hörte mir trotzdem zu. Sie sagte kein Wort und nachdem ich wieder mühsam aufgestanden war, schüttelte sie den Kopf.


 „Terry, es ist nun wie es ist…“
Traurig sah ich sie an und schämte mich für mein blödsinniges Verhalten. Was brachte es in dieser Situation, in der ich mich befand, mich ihr zu Füssen zu werfen…
Lara betrachtete mich, wie ich mir wieder den Rücken rieb. „Komm mit rein und ruhe dich einen Moment aus.“
Wir gingen ins Wohnzimmer und setzten uns auf die Couch, von der ich aber sofort wieder aufstand. Lara sah mich erstaunt an.


 „Was ist los?“
„Dieses verdammte Sofa“ antwortete ich. „Ich wundere mich dass du das nicht inzwischen weggeworfen hast.“
„Du fandest es damals so schön“ sagte sie leise.
„Was ist daran jetzt so schlecht?“
„Es ist knochenhart und ich habe Schmerzen beim Sitzen.“
Lara stand auf und betrachtete meinen Bauch. „Komm mit.“


 Sie führte mich ins Schlafzimmer und deutete aufs Bett. „Leg dich einen Moment hin“ bot sie mir an. Ich zögerte erst etwas, dann legte ich mich auf meine alte Bettseite.
„Hat denn Lutz nichts dagegen?“
„Er hat Spätschicht heute“ erklärte Lara. Und er hat bestimmt nichts dagegen, wenn du dich einen Moment ausruhst.“
Ich nickte und starrte an die gegenüberliegende Wand. Lara sah mich einen Moment unschlüssig an, dann legte sie sich auch aufs Bett.


 „Möchtest du reden?“
Perplex sah ich in ihr Gesicht. Konnte sie nun auch noch Gedanken lesen?
„Ja“ sagte ich leise. „Würde gut tun…“
Ich druckste etwas herum, dann erzählte ich. Wie einsam ich mich fühlte, dass Friedbert nur noch im Labor abhing und wie mich meine Schwangerschaft quälte. Ich erzählte wie es überhaupt dazu kam und das ich mich missbraucht fühlte und Friedbert trotzdem liebte…


 Lara hörte mir schweigend zu. Ich konnte nicht erahnen wie sie sich fühlte, ob ihr meine Worte wieder wehtaten, oder ob sie das einfach so von sich halten konnte. Es war ja nun lang genug her, das ich sie betrog, doch ich weiß nicht ob ich in dem umgekehrten Fall damit umgehen könnte. Irgendwie musste ich ihre Stärke bewundern. Erst bescherte ich ihr den Ärger und den Stress ihres Lebens und nun sülzte ich sie auch noch mit meinen Problemen voll.


 Das Kind trat mich wieder tüchtig in den Bauch und ich stöhnte auf. „Tut es weh?“ fragte sie.
„Es geht so, es ist recht groß und macht sich sehr breit und es drückt mir oft auf den Nerv…“ Lara rückte zu mir hin und streckte die Hand nach meinem Bauch aus.
„Darf ich mal fühlen?“
Ich schluckte und nickte nur. Lara streichelte mich sanft über meinen geschwollenen Leib und ihre Berührung löste Gefühle in mir aus, die ich eigentlich nicht haben sollte…


 „Das ist… merkwürdig“ sagte Lara leise, während ihre Hand sanft über meinen Bauch fuhr. „Ich kenne das ja von mir selbst, aber… Terry, wie konntest du das nur mit dir machen lassen…“
Unglauben und Trauer lagen in ihrer Stimme und sie sah mit traurig an. Plötzlich überkam es mich, ich nahm ihre Hand, zog sie zu mir hin und gab ihr einen sanften Kuss.


 Lara sah mich erschrocken an, dann stand sie auf.
„Terry, es ist besser du gehst…“
Ich stemmte mich vom Bett hoch und schlurfte mit hängendem Kopf nach draußen. Ich Dummkopf hatte schon wieder einen Fehler gemacht, wie konnte ich mich nur von ihrer freundschaftlichen Geste hinreißen lassen sie zu küssen!


 Ich erklomm also wieder den Kurioshügel und fühlte mich emotional noch schlechter als vorher. Und nachdem ich im Haus angekommen war, auch körperlich. Der Nachhauseweg war einfach zu anstrengend für mich gewesen und das rächte sich nun. Ich hatte wahnsinnige Schmerzen, ich glaubte zu platzen!
Ich schrie um Hilfe, doch es kam niemand, meine Angst war wahr geworden, das Kind kam und ich war alleine…


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