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Dr. Einsam führte uns in das
Intensivzimmer. Lars lag unter einem Sicherheitszelt, das ihn vor der
Außenwelt und Infektionen schützen sollte. Pascal blieb stehen und
schlug sich die Hand vor den Mund, als er Lars so blass dort liegen
sah, doch mir ging es nicht besser.
„Keine Angst“ sagte Dr. Einsam
leise. „Er schläft und er wird sich wieder erholen. Das ist nur
eine reine Vorsichtsmaßnahme, sonst müssten wir alle Schutzkleidung
tragen. Eine OP im Bauchraum ist eine heikle Angelegenheit.“
„Was für
eine OP?“ fragte Pascal. „Sprechen sie vom Kaiserschnitt, oder…“
Dr. Einsam winkte ab. „Kommen sie
mit. Ich erkläre ihnen alles gleich, aber ich glaube sie möchten
sich vorher etwas ansehen, oder?“
Dr. Einsam führte uns in einen anderen
Raum, genau das Zimmer, in dem ich mit Friederike gelegen hatte. Es
sah immer noch genauso aus, bis auf einen kleinen Unterschied…
„Zwei?“
fragte Pascal atemlos. Dr. Einsam nickte.
„Ja, Zwillinge. Zwei Buben.“
Er nahm eines der Kinder aus seinem
Bettchen und legte es Pascal in die Arme. „Herzlichen Glückwunsch.“
Pascal schmuste ausgiebig mit seinen
Sohn, währenddessen ging ich an das andere Kinderbettchen. Meine
Güte, Großvater im Doppelpack… und wieder alles Buben, Friederike
war eine Ausnahme…
Über die niedlichen Babys, die mein
Sohn mit Pascal produziert hatte, hatte ich fast die Probleme
vergessen, von denen der Arzt gesprochen hatte.
„Was ist
jetzt mit meinem Sohn? Sie wollten uns erklären, was passiert ist!“
Dr. Einsam nickte. Er nahm Pascal das
Baby aus dem Arm und legte es in sein Bettchen zurück. „Gehen wir
in mein Büro.“
Der gute Doktor ließ uns Platz nehmen
und er setzte sich uns gegenüber und wandte sich an Pascal. „Wie
sie ja nun wissen hat ihr Mann Zwillinge ausgetragen, Herr Kurios.
Das ist ein Umstand, der bei Frauen schon nicht ohne ist, aber ein
Mann, der sich ja normalerweise nicht so ausdehnen kann, der hat es
da noch schwerer.“
Im wahrsten Sinne des Wortes, dachte
ich.
„Warum
haben sie nicht vorher sehen können, dass es zwei sind? Dann hätte
man die Kinder doch viel früher holen können!“ warf Pascal dem
Arzt vor.
„Sie lagen direkt hintereinander, ich
konnte leider nichts erkennen“ verteidigte sich Dr. Einsam. „Sonst
hätte ich das natürlich getan. Denn ihr Mann hatte kaum Platz in
seinem Bauch, die Kinder haben ihm die Organe zusammengedrückt,
daher auch die wahnsinnigen Schmerzen. Sie müssen doch mitbekommen
haben, das er so gut wie gar nichts essen konnte, oder?“
Sicher war
uns das aufgefallen, ich wunderte mich schon warum mein eh schon sehr
schlanker Sohn jetzt auf Diät war, wo er doch schwanger war…
„Und was nun?“ flüsterte Pascal
heiser.
„Ich musste ihm ein Stück Dünndarm
herausnehmen, was am Absterben war, aber nicht viel. Der Rest muss
sich zeigen, aber ich bin zuversichtlich, dass alles nun in Ordnung
ist. Er braucht nun Ruhe, und da er ja zwei Babys hat, bitte ich sie,
sich Kleidung zu besorgen und hier bei ihm zu bleiben und die Kinder
zu versorgen.“
Pascal
nickte stumm. Ich konnte mir gut vorstellen, dass er den Schrecken
erst mal verdauen musste, mir ging es nicht besser. Dr. Einsam erhob
sich und wir standen ebenfalls auf.
„Ehe ich es vergesse: Lars sollte
keine Kinder mehr bekommen. Die Schwangerschaft war einfach zu
anstrengend für ihn.“
Wieder nickte Pascal stumm und wir
gingen nach draußen zum Wagen. Ich fuhr mit ihm nach Hause, um seine
Sachen zu holen, er sprach während der ganzen Zeit kein Wort. Ich
hätte ein Vermögen gegeben, um zu wissen was ihm im Kopf rum ging.
Pascal ging
um seine Sachen zu holen und ich sah kurz nach den Kindern. Friedbert
hatte sich gut um sie gekümmert, wenn er etwas tat, dann richtig, er
machte keine halben Sachen. Ich alberte noch etwas mit unserer
Tochter herum, dann suchte ich Pascal, weil ich ihn noch zurück zum
Krankenhaus bringen musste. Er stand im Wohnzimmer und stritt sich
mit Friedbert. Pascal hielt die Reste einiger Papiere in der Hand und
ich hörte, dass sie wohl der Streitpunkt waren.
„Bist du
wahnsinnig geworden? Das waren alle Forschungsergebnisse! Die Arbeit
der letzten zwei Jahre! Ich wollte mich damit für den Sim-o-Belpreis
bewerben! Und du hast sie vernichtet! Wie kannst du es wagen mein
Lebenswerk zu zerstören! Wärst du nicht mein Bruder, ich würde
dich eigenhändig umbringen!“
Ich hatte Pascal noch nie so wütend
erlebt.
„DEIN Lebenswerk? Friedbert, du bist
nicht das Maß aller Dinge! Wir haben alle daran geforscht! Und ich
hätte dadurch beinahe meinen Mann verloren! Ich werde nicht
zulassen, dass es anderen Männern genauso geht! Hast du vergessen
das es Terry auch beinahe das Leben gekostet hätte?“
Ein
Schweigen folgte und ich hielt gespannt den Atem an.
„Ich hab das nicht vergessen. Doch
das war der erste Versuch, wir haben einfach zu lange gewartet. Mit
der Erfahrung…“
„Wie viele Versuche willst du denn
noch machen, bis du kapierst, dass es zu gefährlich ist? Reichen
zwei Fast-Tote denn nicht?“
Friedbert sah aus, als wollte er Pascal
die Augen auskratzen.
„Ich warne dich, komm mir nicht in
die Quere! Bruder oder nicht, treib es nicht zu weit!“
Friedbert
verließ wütend das Haus und schlug die Tür so fest hinter sich zu,
dass die Scheiben klirrten. Ich wusste, ich würde ihn die nächsten
Tage nicht mehr sehen. Seufzend ging ich zum Telefon, um eine Nanny
anzurufen, da mein Ehemann sich wohl in sein Labor geflüchtet hatte.
Dann ging ich zu Pascal, der die Schnipsel wegräumte und wartete
darauf, dass er abfahrbereit war. Pascal brauchte nicht lange und die
Nanny war auch schnell da, so konnten wir endlich fahren.
Die nächsten
Tage war ich mit den Kindern alleine im Kurios-Haus; wie ich es
vermutet hatte, ließ sich Friedbert nicht blicken. Ich war sauer auf
ihn, selbst wenn er Streit mit Pascal hatte, konnte er sich doch um
seinen Ehemann und seine Tochter kümmern, oder sah ich das falsch?
Ich war mit den zwei Flöhen zwar mehr als genug beschäftigt, doch
auch ich hatte Sorgen und nicht gerade wenige, über die ich gerne
mit jemandem geredet hätte.
Lara fiel mir ein, doch ich hatte mich
nicht mehr getraut mit ihr zu sprechen, seit ich ihr im Krankenhaus
diesen doofen Satz gesagt hatte, für den ich mich jetzt mehr als
schämte.
Pascal rief
ab und zu an und erzählte wie es Lars und den Babys ging. Das war
meine nächste Sorge, vier Kinder zu hüten war einfach zu viel für
mich alleine. Wir mussten uns nun alle zusammen etwas einfallen
lassen, wie wir die Betreuung der Kleinen gleichmäßig auf alle
Erwachsenen verteilen konnten. Ich war froh, dass Sirius sehr bald
zum Kind heranwachsen würde, das war schon eine Erleichterung. Er
war ein kluger, verständiger Junge, da würde für mich etwas Arbeit
wegfallen.
Ich
beschäftigte mich sehr viel mit Friederike, sie lernte wahnsinnig
schnell, ob das an den Alienhormonen lag? Sie stand Sirius kaum nach,
es war ein Wunder… Plötzlich hörte ich die Haustür. Friedbert
ließ sich endlich wieder mal blicken. Kaum hatte Friederike ihren
Vater gehört, sprang sie auf und lief zu ihm. „Papi, Papi!“
Sie warf sich ihm in die Arme und
gluckste glücklich. Ich fühlte einen Stich in meinem Herzen, obwohl
ich sie hauptsächlich großzog und mich aufopferungsvoll um sie
kümmerte, stürmte sie mir nie so entgegen.
Friedbert
warf Friederike hoch. „Na meine kleine Prinzessin, hast du mich
vermisst? Ich habe dir was Feines mitgebracht, das gibt dir Papa
Terry jetzt.“
Friedbert stellte einen merkwürdigen
Apparat auf, in dem sich Babyflaschen befanden, fertig gefüllt mit
Nahrung.
„Schatz, was ist das?“
„Das wirst du Friederike jeden Morgen
füttern. Und regelmäßig, nicht einfach auslassen, oder erst
mittags geben! Verstanden?“
Ich nickte. „Was ist das, was ich ihr
da geben soll?“
„Das ist eine Spezialmilch“
erklärte Friedbert. „Vitamine, Nährstoffe. Gut für ihr
Wachstum.“
„Noch mehr
Wachstum?“ argwöhnte ich. „Der Arzt sagt, sie wäre eh schon so
groß für ihr Alter…“
Friedbert schrie mich an. „Du tust
gefälligst was ich dir sage, verstanden?!“
Zu Tode erschrocken wich ich zurück.
Friedbert drehte sich um und verließ wieder das Haus. Total
verdattert stand ich da und wusste nicht was ich nun machen sollte.
Warum hatte Friedbert mich angeschrien? Hatte ich etwas falsch
gemacht?
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