Freitag, 10. Januar 2014

Teil 29 - Donnerwetter

Vorher: Teil 28 - Männergespräche

----

Sirius kam freudestrahlend aus der Schule. Zum einen hatte er ein ausgezeichnetes Zeugnis bekommen und zum anderen hatte er Besuch, auf den er sich schon seit zwei Tagen wahnsinnig freute.


Der Besuch hatte in der Zwischenzeit auf unserem Sofa Platz genommen und wartete ungeduldig auf Sirius´ Rückkehr. Ich musste grinsen, es war Josephine Schmitt, die Tochter von Patrick, die ich vor kurzem kennen lernen durfte.


 Friederike war sofort nach ihrer Rückkehr aus der Schule zu ihrem Vater gelaufen um ihm ihr Leid zu klagen.
„Daddy, die Lehrer haben mir keine bessere Note im Zeugnis gegeben als Sirius, dabei bin ich doch viel besser als er! Das ist so gemein! Sirius ist so ein doofer, kleiner Besserwisser, warum mögen die Lehrer ihn lieber als mich?“
„Reg Dich nicht auf, mein kleiner Diamant, sie sind dumm, sie können nicht erkennen wer wahres Talent hat und wer nicht.“


 Friederike war durch die Antwort ihres Vaters wieder beruhigt und ging sofort ins Wohnzimmer, um ihre Unzufriedenheit an Sirius auszulassen. Sie hörte wie er mit jemandem flüsterte und spähte um die Ecke und was sie da sah, versetzte sie in Erstaunen.
Ihr Cousin hatte offensichtlich eine Freundin!


 Grinsend zog sie sich zurück und wartete, bis ihre Zeit gekommen war. Als Friederike hörte, das Josephine wieder nach Hause gegangen war, lief sie Sirius hinterher, der total glücklich und ausgelassen auf dem Bett tobte.
“Haha, Sirius ist verknallt! Sirius ist verliebt, verliebt, verliebt! Sirius, das dumme Alienkind ist ein anderes Alienkind verliiieeebbt!“


 Wütend sprang Sirius vom Bett runter und nahm sich meine Tochter vor.
„Hör auf, du dumme Ziege! Du bist ja nur neidisch, weil ich Freunde habe und du nicht! Ja, ich habe Freunde, denn ich renne nicht den ganzen Tag durch die Gegend und überlege mir, wen ich wie ärgern kann!“


 Sirius war zwar vollkommen im Recht, doch leider hatte Friedbert mitbekommen, was sich im Kinderzimmer abspielte. Er lief wie von der Tarantel gestochen zu den Kindern und schrie Sirius an, der daraufhin in Tränen ausbrach. Und Friederike feuerte ihren Vater auch noch an.
„Du ungezogenes, dummes Alienblag! Wie kannst du es wagen, so mit meiner Tochter zu sprechen! Trau´ dich ja nicht noch mal!“


 Zu Sirius Glück war Pascal zu Hause und eilte seinem Sohn zu Hilfe. Auch er war schon länger über Friederikes Art, wie sie andere Sims behandelte, wütend und nun lief ihm die Galle über.
„Mach andere nicht dafür verantwortlich, wenn DEINE Tochter sich nicht zu benehmen weiß! Du solltest sie dir mal zur Brust nehmen und ihr Manieren beibringen! Es kann nicht sein, dass sie andere Sims beleidigt und keinerlei Achtung vor ihnen hat!“
„Dann muss Terry sich eben besser um sie kümmern“ meinte Friedbert nur.
„Terry gibt sich alle Mühe, aber die nutzt nichts, wenn der andere Elternteil dagegen arbeitet, BRUDER!“ gab Pascal zurück.
Friedbert schnaubte nur und verließ mit unserer Tochter das Zimmer.


 Pascal nahm seinen, vom dem Familienkrach völlig verstörten Sohn in die Arme und tröstete ihn.
„Mach dir nichts draus, mein Schatz. Dein Onkel wird dich nicht noch mal anschreien und Friederike ignoriere einfach. Lass sie links liegen. Du wirst sehen, dann lässt sie es irgendwann sein.“
“Okay Daddy“ schniefte Sirius. „Aber das war gemein, das Friederike mich ausgelacht hat, nur weil ich die Josi lieb hab. Das ist doch nicht schlimm, oder Daddy? Ich darf die Josi doch lieb haben?“
Pascal lächelte. „Jemanden lieb zu haben ist etwas ganz Tolles, Sirius. Und das kann dir auch Friederike nicht kaputt machen. Sie ist nur neidisch.“


 Während Pascal seinen Sohn tröstete, hatte ich mich ins Bad eingeschlossen und starrte mein Spiegelbild an. Friederike war total verzogen, ich hatte versagt. Friedberts Einfluss war zu groß auf sie, obwohl er immer noch viel arbeitete. Ich verstand dieses Phänomen nicht und machte mir große Sorgen um unsere Tochter, denn obwohl sie das missratendste Gör in der ganzen Stadt war, liebte ich sie, wie ein Vater sein Kind eben nur lieben konnte.
Ich seufzte und strich mir meine Locken aus dem Gesicht. Ich wurde langsam alt, der Stress setzte mir zu und ich bekam immer mehr graue Strähnen im Haar. Die letzten sechs Jahre hatten ihre Spuren hinterlassen.


 Am nächsten Tag fuhr ich zum LaFiestaTech College, zu Niels Abschlussfeier. Er hatte endlich sein Mathematikstudium beendet und graduierte mit Summa Cum Laude, der höchsten Auszeichnung. Stella, seine inzwischen langjährige Freundin, stand ihm da ihn nichts nach und bekam ihr Diplom in Physik.


 Lara saß eine Reihe weiter, neben Lars, ich konnte sie die ganze Zeit aus meinen Augenwinkeln beobachten. Sie sah wunderbar aus, ihr Gesichtsausdruck wirkte zwar etwas melancholisch, doch die Spuren der Trauer waren verschwunden. Sie trug wieder normale Kleidung und ich musste feststellen, wie hübsch und feminin sie in ihrem Kleid wirkte.


 Ich musste aufpassen, das mir nicht entging, was auf der Bühne geschah, schließlich bekam Niels gerade sein Diplom überreicht und dies war ein Augenblick, den ein Vater nicht verpassen sollte, hübsche Ex-Frau, oder nicht. Ich war so stolz auf meinen Jungen, der trotz der dummen Situation, in die ich uns alle damals brachte, so einen hervorragenden Abschluss machte. Er war eben eine Kämpfernatur.


 Der offizielle Teil war bald vorüber und das Büffet wurde eröffnet. Ich wollte mir gerade etwas zu essen holen, als Lara mir nachkam.
„Hallo Terry, schön dich zu sehen…“
„Hallo Lara“ stammelte ich leise. „Du siehst wunderbar aus.“
Lara lächelte mich dankbar an, dann kam auch schon unser Sohn und ich gratulierte ihm zu seinem Abschluss.


 Dann nahm ich mir schnell etwas zu essen, ich hatte das Gefühl, das ich nur stören würde.
Lara umarmte unseren Sohn. „Meine Güte Niels, ich bin so stolz auf dich... Du und Stella, ihr habt die besten Abschlüsse eures Jahrgangs, das ist unglaublich! Habt ihr all die Jahre denn auch mal etwas anderes gemacht, als lernen?“
Niels errötete leicht, dann grinste er. „Sogar regelmäßig. Und weil wir fleißige Bienchen sind, werden wir bald heiraten, denn du wirst Oma!“
Lara schrie leise auf, dann fiel sie Niels um den Hals. „Oh du Schlingel! Ist das schön!“
Ja, das war eine weitere, wunderbare Nachricht, die bei all dem Ärger der letzten Zeit so gut tat. Es gab wieder eine Hochzeit und ich wurde wieder Großvater.


 Ich leerte meinen Teller und sah mich dann nach Lara um. Auch sie stand inzwischen etwas verloren herum und so ging ich zu ihr. Wir telefonierten zwar öfter, da sie sich auch regelmäßig nach Lars und ihren Enkeln erkundigte, doch ihr direkt gegenüber zu stehen, in ihre Augen zu sehen, die mich immer noch so schmerzerfüllt ansahen, das war doch etwas ganz anderes und ich spürte, wie meine Handflächen feucht wurden, und es war nicht die Hitze hier draußen.


 Ich machte Lara den Vorschlag, wir könnten uns doch in den Schatten setzen und ein wenig unterhalten und zu meiner großen Freude, stimmte sie zu. Es tat so gut, mit ihr zu sprechen, einfach nur zu klönen, über die Kinder, unsere Arbeit oder was uns eben interessierte. Wir hatten so viele gemeinsame Interessen und es fiel mir gerade in diesem Augenblick auf, wie gut es tat, wenn man jemanden hat, mit dem man sich unterhalten kann, der auf derselben Wellenlänge liegt, wie man selbst.


 Wir bekamen nicht mit, wie wir beobachtet wurden, Niels stand seufzend am Büffet und betrachtete uns eine Weile. Ich konnte mir nicht ausmalen, was er empfunden oder gedacht haben muss, als er seine geschiedenen Eltern so zusammen gesehen hat. Es kam mir so vor, als wäre in ihm immer noch der verletzte Teenager, den die Trennung seiner Eltern schwer getroffen hatte. Ich hoffte wirklich, dass er die Vergangenheit irgendwann hinter sich lassen konnte.


 Schweigend saßen wir uns gegenüber und ich studierte Laras Gesicht. Auch an ihr war die Zeit nicht spurlos vorübergegangen, doch für mich war sie immer noch das hübscheste Mädchen, das in der verdammten Wüste zu finden war. Auch sie betrachtete mich und ihr waren bestimmt meine grauen Strähnen und die Kummerfalten aufgefallen, die ich bekommen hatte. Vorsichtig schob ich meine Hände nach vorne und berührte die ihren mit meinen Fingerspitzen. Lara zuckte leicht zusammen, doch sie zog die Hände nicht weg und lächelt mich an, während ich sie streichelte.


 Wir saßen lange so da, das ich gar nicht mitbekam, wie es dunkel wurde und auch Lara reagierte überrascht. „Ich muss nach Hause, Terry, es ist schon spät.“
In mir regte sich großer Widerwillen, dies war einer der schönsten Tage seit Langem für mich gewesen und ich verspürte sehr wenig Lust, ihn nun enden zu lassen.
„Es ist doch erst acht“ versuchte ich sie von ihrem Vorhaben abzubringen. „Es wartet doch niemand auf dich…“
“Nein.“ Lara seufzte tief. „Es ist sehr einsam, seit…“
Ich sagte nichts mehr und ließ den Kopf hängen. Plötzlich spürte ich Laras Hand auf meinem Arm.
„Und du? Du hast das Haus voller Sims und doch geht es dir genauso, stimmt´s?“
Ich konnte nicht antworten. Mein Hals kratze und ich musste gegen die Tränen kämpfen, die unaufhaltsam ihren Weg nach draußen suchten…


 Ich schluckte und stand auf. Vielleicht war es besser, wenn wir nun nach Hause fuhren, ich spürte das ich an einem Punkt war, an dem all mein Elend herausbrechen wollte und das wollte ich weder mir, noch Lara antun. Ich bot ihr meine Hand und half ihr beim Aufstehen. „Soll ich dich nach Hause fahren?“
Lara lächelte dankbar, schüttelte aber den Kopf. „Mein Wagen steht dort drüben.“
Ich nickte stumm und ließ sie dann los. Ich wartete bis sie sicher in ihrem Auto saß, dann machte ich mich ebenfalls auf den Heimweg.


 Zu Hause angekommen, suchte ich nach Friederike, doch ich konnte sie nirgendwo finden, weder in ihrem Bett, noch sonst wo im Haus. Pascal und Lars saßen im Wohnzimmer und sahen fern. „Hey Dad, du bist aber noch lange geblieben.“
„Ja“ antwortete ich nur. „Wo ist Friederike?“


 „Friedbert hat sie ins Labor mitgenommen und will vor morgen Abend nicht zurückkommen“ erklärte Pascal. „Es tut mir leid Terry, wir wollten es ihm ausreden, doch wir konnten nichts dagegen tun.“
Ich schnappte nach Luft. „Wie bitte?! Er nimmt das Kind über Nacht ins Labor mit? Wo soll sie denn schlafen? Zwischen Reagenzgläsern und Erlenmeyerkolben??“
Pascal zuckte hilflos mit den Schultern. „Tut mir wirklich leid…“


 Ich fühlte auf einmal eine Wut in mir aufsteigen, wie ich sie noch nie zuvor in mir gespürt hatte, nicht mal, als mein Vater uns damals grün und blau geschlagen hatte.
Ich spürte solch einen Zorn auf meinen Ehegatten, der mein Kind für seine verrückten Studien missbrauchte, sich ein lebendiges Denkmal setzen wollte, nur zur Befriedigung seines kranken Geistes. Doch nun reichte es mir, nun war es zuviel. Friederike war auch meine Tochter, ich hatte sie in mir getragen, ich habe sie all die Jahre ERtragen. Und ich würde nicht zulassen, dass er sie noch mehr verdarb.
„Jetzt reichts!“ schrie ich aus vollem Hals, dass es Pascal und Lars die Sprache verschlug. „Nun ist er zu weit gegangen!“ Und ich stürmte aus dem Haus, setzte mich ins Auto und raste zum Labor hinunter.


 Nur ein paar Minuten später erreichte ich das Labor und sah, wie Friedbert unserer Tochter anschaulich das Innenleben eines Sims erklärte. Friederike war fasziniert und etwas angeekelt zugleich, doch die Neugierde überwiegte gegenüber ihrer noch vorhandenen, kindlichen Scheu.
 

 Ich räusperte mich laut und die Beiden fuhren erschrocken herum. „Terry!“ rief Friedbert erstaunt, „was machst du denn hier!“
“Das könnte ich dich auch fragen, „Liebling“! Warum um alles in der Welt schleppst du Friederike hierher, ein Labor ist kein Platz für ein Kind! Es ist schon spät, sie gehört ins Bett!“
„Misch dich nicht in die Ausbildung meiner Tochter ein“ erwiderte Friedbert. „Sie ist alt genug, sie soll etwas lernen…“


 Weiter kam Friedbert nicht. „DEINE Tochter? Sie ist genauso auch meine Tochter und ich habe genauso das Recht, zu bestimmen und zu entscheiden, was gut für sie ist und was nicht!“ Und Supermilch, übertriebener Unterricht und zu wenig Schlaf sind es definitiv nicht, mein „Lieber“! Und nun gehe ich mit Friederike nach Hause!“


 Ich drehte mich ohne eine Antwort abzuwarten um und verließ das Labor. „Friederike, komm! Wir fahren heim!“
Friederike sah hilflos von einem zum anderen, und weil Friedbert nichts sagte, lief sie mir dann zögerlich hinterher.
Friedbert sagte nichts mehr, doch ich konnte froh sein, das ich seinen Blick nicht sehen konnte, ich wäre tausendprozentig auf der Stelle tot umgefallen.


 -----





Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen