Samstag, 4. Januar 2014

Teil 23 - Tränen


Vorher: Teil 22 - Brüder

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Ich wachte am nächsten Morgen mit dem dicksten Brummschädel auf, den man sich denken konnte. Mühsam krabbelte ich aus dem Bett und als ich auf meinen Füssen stand, drehte sich erst mal alles um mich herum. Meine Güte, was ging es mir dreckig! Nie mehr würde ich soviel trinken und nie mehr durcheinander!
Aber das schwor man sich hinterher ja immer, wenn man zu tief ins Glas geschaut hatte.


Ich wankte ins Bad und duschte mich so kalt wie möglich, das half meinem angeschlagenen Kreislauf erst mal auf die Sprünge. Kaum das ich fertig war klopfte auch schon Rick an die Tür, der sich fast in die Hose machte und ich ließ ihn schnell ein. Anziehen konnte ich mich auch woanders. Nachdem ich in meine Klamotten geschlüpft war, stand ich wieder vor dem Fläschchenbehälter und grübelte.
Rick kam dazu und schüttelte den Kopf. „Du willst ihr doch nicht schon wieder davon geben, oder?“


Ich schüttelte entrüstet den Kopf. „Bin ich verrückt? Wer weiß was sonst noch so alles mit ihr passiert. Nein, ich werde Friederike nichts mehr davon geben, ich überlege nur was ich mit dem Zeug nun anstellen soll, damit Friedbert nix merkt.“
„Warum? Sag ihm einfach was du davon hältst, du bist schließlich der andere Elternteil!“ Erschrocken sah ich Rick an. Alleine wenn ich nur daran dachte, wie Friedbert mich letztens angeschrien hatte, gingen mir schon die Gäule durch. Ich wurde früher so oft angeschrien, ich ertrug das nicht…


 „Ich werde das tägliche Fläschchen einfach in den Ausguss gießen und Friederike mit normaler Milch füttern, dann merkt er bestimmt nichts“ sagte ich entschlossen und setzte das auch sofort in die Tat um. Ich kippte das heutige Fläschchen weg und rührte normale Milch an, die ich dann meiner Tochter gab. Sie schien auch zufrieden, verlangte wieder das Physikbuch und las weiter. Rick hatte sich in der Zwischenzeit um Sirius gekümmert, er hatte regelrecht einen Narren an dem kleinen Halb-Alien gefressen und das schien durchaus auch auf Gegenseitigkeit zu beruhen.
 

Ich machte uns Männern dann erst mal Frühstück. Es gab Pfannkuchen, so wie früher, dick mit Sirup. Rick stürzte sich darauf wie ein hungriger Wolf und wenn ich ihn mir so betrachtete, war er noch dünner als ich und ich war schon nicht der Dickste. Irgendwie fragte ich mich, wann er das letzte Mal etwas Anständiges zu essen bekommen hatte. Doch ich fragte ihn besser nicht, er hatte ja gestern zugegeben, dass er sein Geld wohl eher für „ungesunde“ Dinge ausgegeben hatte.
Ob das der Grund war, das er wieder zurückkam? Hatte er in Europa Schwierigkeiten gehabt?


„Wie lange wirst du bleiben?“ fragte ich ihn.
„Wenn es dich nicht stört, würde ich erst nach den Feiertagen weiterfahren.“
„Ist schon okay, ich vermute mal Friedbert taucht eh nicht auf, obwohl er wenigsten an einem Familienfest zu Hause sein könnte… Du musst dann halt bei mir schlafen, denn in ein paar Tagen werden Lars und Pascal mit den Kindern nach Hause kommen.“
„Kein Problem, großer Bruder“ sagte Rick leichthin und nahm sich noch ein paar Pfannkuchen.


Wir vertrieben uns den Tag mit den Kindern und mit Tratschen. Gegen Mittag, als die Kinder ihren Mittagschlaf hielten, legten wir uns auch wieder hin, wir waren doch ziemlich kaputt von unserer Sauftour. Rick hatte ich ja vorerst in Lars´ und Pascals Schlafzimmer einquartiert und dorthin hatte er sich wieder verzogen, ich war im Wohnzimmer eingenickt. Ich träumte gerade irgendeinen Schwachsinn, als das Telefon mich weckte.

Missmutig nahm ich den Hörer in die Hand und brummelte hinein, als ich Laras Stimme erkannte. Sofort war ich wach. Ein merkwürdiges Kribbeln lief meinen Körper hinunter, ein Kribbeln, das ich schon so lange nicht mehr spürte. Verdammt, fühlte sich das gut an…


„Terry? Bist du das?“ tönte es aus dem Hörer. Lara klang verschnupft, sie musste sich wohl mal wieder aufgedeckt haben, trotz der Hitze konnte man sich eine hübsche Sommergrippe hinzuziehen…
„Terry… ist Lars da? Ich… ich muss mit ihm reden…“
„Lars ist noch im Krankenhaus, er kommt erst übermorgen nach Hause. Soll ich ihm etwas ausrichten?“ Lara antwortete nicht sofort und als ich sie plötzlich schniefen hörte, beschlich mich ein ganz blödes Gefühl.
„Lara, was ist los? Ist etwas passiert?“ Es schniefte wieder, dann sprach Lara weiter.
„Terry, er ist… er ist tot… Lutz… er ist heute früh gestorben…“


Starr vor Schreck stand ich da mit dem Hörer in der Hand und konnte erst mal nichts sagen. Lutz, Laras zweiter Ehemann, mein Schwager, Kumpel und Pascals und Friedberts Bruder, war... tot?!
„Ganz… ganz ruhig, Maus. Nicht weinen. Erzähl´ mal der Reihe nach. Was ist passiert?“ Doch Lara konnte sich nicht beruhigen, sie weinte und weinte, sie brachte kein einziges Wort mehr zustande. Ich hätte wohl ewig am Telefon warten können und sie hätte nichts sagen können.
„Okay Lara, ich lege jetzt auf. Du machst keinen Blödsinn, hörst du, ich komme sofort zu dir runter, verstanden?“


Ich konnte nur eine leises „okay“ hören, dann legte ich auf. Ich riss Rick aus dem Schlaf und bat ihn auf die Kinder aufzupassen, was er nach einer kurzen Erklärung auch tat, dann rannte ich den Kurios-Hügel hinunter. Kurz nach dem Telefonat klingelte ich an Laras Haustür, doch es öffnete niemand. Kurz entschlossen sprang ich über den Zaun und ging über die Terrasse, ich hoffte dass die Terrassentür nicht verschlossen war, und das war sie zum Glück auch nicht. Lara saß auf der Couch, das Gesicht tränenverschmiert, die Hände verkrampft.
„Meine Güte Lara…“


Ich setzte mich neben sie. „Was ist passiert?“
Lara schluchzte mehrmals, dann war sie endlich in der Lage zu sprechen.
„Lutz… er arbeitete an der Erforschung eines unbekannten Virus, das von Pleasantville eingeschleppt wurde… er muss sich irgendwie infiziert haben… er ist innerhalb von 36 Stunden verstorben… Niemand konnte ihm helfen, sie haben ihn isoliert, damit er niemanden sonst anstecken kann. Als er gestorben war, haben sie seine Leiche sofort verbrannt…“
Lara brach wieder in Tränen aus. „Ich konnte mich nicht mal von ihm verabschieden, ich werde ihn niemals wieder sehen… Ein beschissener Grabstein wird alles sein, was von ihm übrig bleibt…“


Ich hatte einen dicken Kloß im Hals sitzen, der mir das Sprechen versagte. Lara tat mir so leid, sie so leiden zu sehen, schmerzte mich, warum konnte ein einzelner Sim nur soviel Pech haben, erst wurde sie betrogen und dann stirbt der zweite Mann…
Und auch ich trauerte um Lutz, der ein einfacher, fröhlicher Kerl war, mit niemandem Feind, mit jedermann Freund, der sein Leben genoss und Lara ein guter Ehemann war. Verdammt, warum erwischte es immer die Guten!


Ich zog Lara auf die Füße und verfrachtete sie ins Schlafzimmer. Dort steckte ich sie in ihr Bett, was sie auch ohne Widerstand hinnahm.
„Schlaf jetzt. Ich komme dich morgen wieder besuchen. Und das du mir ja keinen Unsinn anstellst, hörst du?!“
Lara nickte schwach und ich verließ ihr Haus auf demselben Weg, wie ich hineingekommen war. Sehr langsam trottete ich nach Hause. Nun musste ich Pascal und Friedbert anrufen, wie würden sie auf die Nachricht reagieren?


Friedbert stand Lutz nicht sehr nahe, aber Pascal liebte seinen jüngeren Bruder…
Es würde ihn sehr treffen. Seufzend nahm ich den Telefonhörer in die Hand und wählte die Nummer des Krankenhauses. Es würden traurige Weihnachten werden, im Hause Kurios…


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Teil 24 - Fröhliche Weihnachten


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